Das verlorene Paradies von Abdulrazak Gurnah

Abdulrazak Gurnah Das verlorene Paradies

Endlich wieder in deutscher Übersetzung lieferbar: das Buch, mit dem Abdulrazak Gurnah der Durchbruch gelang

Ostafrika, Anfang des 20. Jahrhunderts: Der zwölfjährige Yusuf führt mit seiner Familie ein einfaches Leben auf dem Land. Als der Vater sich mit seinem kleinen Hotel verschuldet, wird Yusuf in die Hände von Onkel Aziz gegeben und landet im lebhaften Treiben der Stadt, zwischen afrikanischen Muslimen, christlichen Missionaren und indischen Geldverleihern. Die Gemeinschaft dieser Menschen ist alles andere als selbstverständlich und von subtilen Hierarchien bestimmt. Yusuf hilft in Aziz‘ Laden und bei der Pflege seines paradiesisch anmutenden Gartens. Doch als der Kaufmann ihn auf eine Karawanenreise ins Landesinnere mitnimmt, endet Yusufs Jugend abrupt. Die gefährliche Unternehmung bringt Krankheit und Tod und zeigt allen Teilnehmern schmerzhaft, dass die traditionelle Art des Handels keine Zukunft mehr hat. Was Yusuf erlebt, lässt ihn erwachsen werden. So verliebt sich der junge Mann nach seiner Heimkehr kopfüber, aber er und alle um ihn herum werden brutal mit der neuen Realität der deutschen Kolonialherrschaft konfrontiert.

Einfühlsam, lebendig und in leichtem, humorvollem Ton, erzählt Abdulrazak Gurnah in »Das verlorene Paradies« vom Erwachsenwerden in Zeiten des kolonialen Umbruchs. Im Original 1994 erschienen, stand der Roman u.a. auf der Shortlist des Booker Prize und stellte für Gurnah den Durchbruch als Schriftsteller dar. Jetzt ist er endlich wieder in der Übersetzung von Inge Leipold auf Deutsch zu lesen.

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Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: laslirose

    Das verlorene Paradies - Abdulrazak Gurnah‘s 1994 erschienene Roman katapultierte ihn 2021, nach der Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis, auf den Olymp der Top-Schriftsteller. Auch ich bin erst durch den Nobelpreis auf ihn aufmerksam geworden. Der Roman spielt sich in Ostafrika, um die Wende des 19. Jahrhunderts, ab. Wir treffen, inmitten des geschäftigen und bunten Treiben einer multiethnischen Gesellschaft, auf den 12 jährigen naiven und hübschen Yusuf, der als Pfandleihe für die Schulden seines Vater’s in Onkel Aziz Obhut kommt. Zunächst arbeitet er im Laden vom Onkel Aziz, und hilft bei dessen paradiesisch anmutendem Garten. Sein Leben ändert sich abrupt, als Onkel Aziz ihn auf eine lange Handelsreise mitnimmt. Schlagartig endet die unbeschwerte Jugend. Gefahren, Tod und Krankheit begleiten die Karawane und lassen ihn erwachsen werden. Nach seiner Rückkehr verliebt er sich Hals über Kopf, doch eine neue Ära der Kolonialherrschaft läutet eine Zeit des Umbruchs ein, und ändert das bisher gekannte Leben. Dieser „coming-of-age“ Roman ist voller Wärme und Humor. Ich habe dieses geschäftige Treiben, dieses kunterbunte Leben, ständig bildlich vor meinem inneren Auge gehabt. Yusuf habe ich sofort ins Herz geschlossen. Ich habe nur eine Kritik an diesem, sonst wunderbaren, Roman. Mich hat es irritiert, dass durchgehend im Roman.. jeder, egal Mann oder Frau, verheiratet oder ledig, offen und handgreiflich Yusuf nachgestellt hat. Schwer zu glauben, dass etwas was heute so gegen jede Moral, Sitte und Anstand verstoßen würde, damals öffentlich möglich wäre. Nun sagt aber A. Gurnah, dass für ihn die Schönheit des Schreibens daraus resultiere, zu zeigen, wie „es anders sein könnte“. In diesem Sinne ist es wohl dann seine schriftstellerische Freiheit. Alles in allem aber ein warmherziger und absolut lesenswerter Roman.
  • Von: Buch_zeit

    Dem 1948 im Sultanat Sansibar geborenen und heute in Canterbury lebenden Abdulrazak Gurnah wurde 2021 der Nobelpreis für Literatur verliehen. Mir war dieser Autor und sein zehn Romane umfassendes literarisches Werk bis dato kein Begriff, was auch daran liegen könnte, dass sein Werk bisher nur spärlich ins Deutsche übersetzt und zudem jahrelang nicht lieferbar war. „Das verlorene Paradies“, bereits 1994 veröffentlicht und der Roman, der Gurnahs Durchbruch als Schriftsteller zementierte, wurde am 08.12.2021 in der Übersetzung von Inge Leipold und durch ein Glossar erweitert, im @penguin_verlag neu aufgelegt. Vielen lieben Dank an den Verlag und @bloggerportal für das kostenlose Rezensionsexemplar! Der Penguin Verlag ermöglicht es, das Werk des Nobelpreisträgers in deutscher Übersetzung zu erkunden. „Ferne Gestade“ ist bereits im März erschienen und meine nächste Lektüre und im Herbst erscheint Gurnahs jüngster Roman „Nachleben“. „Das verlorene Paradies“ entführt den Leser nach Ostafrika Ende des 19. Jahrhunderts in eine ferne, im Umbruch begriffene Welt. Der zwölfjährige Yusuf wird von seinem Vater als Schuldsklave und Pfand für dessen Schulden in die Obhut eines wohlhabenden, erfolgreichen und allseits respektierten Kaufmanns gegeben. „Onkel Aziz“ nimmt den Jungen von seinem beschaulichen Leben auf dem Land mit in die Stadt, wo er sich zusammen mit dem zu einem Freund werdenden Khalil um den Krämerladen kümmert und bei der Pflege des abgeschirmten paradiesisch anmutenden Gartens des Kaufmanns hilft. Doch Yusufs beinahe unbeschwert anmutende Jugend endet abrupt, als er auf eine Karawanenreise mit ins Landesinnere genommen wird. Die gefährliche Expedition birgt Krankheit, Tod, Gewalt und offenbart das Vordringen der deutschen Kolonialherrschaft und damit das Ende der traditionellen Art des Handels. Der Leser begleitet Yusuf beim Erwachsenwerden in einer Zeit des Übergangs. Das alte, durch subtile Hierarchien und Traditionen geprägte Leben im multiethnischen, multireligiösen und multilingualen Ostafrika, in etwa dem heutigen Tansania, ist durch die beginnende gewaltsame Kolonialisierung durch die Europäer im Niedergang begriffen. Gurnah spannt eine facettenreiche Welt auf, in der afrikanischen Muslime, christliche Missionare und indische Geldverleiher in einem Schmelztopf der Kulturen zusammen leben, aber fernab jeglicher Romantisierung des präkolonialen Lebens zeigt er die Schattenseiten von Leid, Gewalt, Sklavenhandel und Rassismus. Die schwarze Bevölkerung wird von den Arabern und Indern als „Wilde“ bezeichnet, wohingegen die Europäer alle Einheimischen als „unzivilisierte Eingeborene“ betrachten, während sie selber von diesen als hässliche und grausame „Wilde“ betrachtet werden. Wunderbar wird die kulturelle Vielfalt durch die immer wieder in den Text eingestreuten Begriffe und Redewendungen auf Kiswahili, Arabisch oder Hindi untermauert, die im Glossar erklärt werden. Eindrucksvoll wird der Untergang des traditionellen Karawanenhandels im Angesicht der sich ausweitenden Kolonialisierung deutlich. Feinsinnig und lebendig, zuweilen poetisch, immer besonnen und urteilslos beschreibt Gurnah diese komplexe, im endgültigen Wandel begriffene Welt nüchtern und ohne zu beurteilen. Das alte Leben verschwindet, während wir Yusuf beim Erwachsenwerden begleiten. Yusuf, dessen Geschichte an die biblische Josefsgeschichte beziehungsweise die Geschichte des Propheten Yusuf im Koran angelehnt ist, träumt von seinem paradiesischen Garten hinter der Mauer mit dem plätschernden Wasser, den betörenden Blüten und süßen Früchten. Doch seine Sehnsüchte und Träume verlieren sich ebenso wie das alte Leben, wobei ich das Ende des Romans schwer nachzuvollziehen fand. In „Das verlorenen Paradies“ treffen Traumbilder und Sehnsüchte auf die Realität und es wird hinterfragt, was wirklich „Paradies“ ist und was nur Schein. Es geht um innere und äußere Freiheit und Entwurzelung. Der deutsche Titel nimmt dabei viel vorweg, wohingegen das originale „Paradise“ mehr Interpretationsraum lässt. Gurnahs Roman ist Zeitbild und Coming-of-Age-Roman und entführt in eine fremde, ferne Welt!
  • Von: Myriade

    Abdulrazak Gurnah ist der Literaturnobelpreisträger 2021, aber sein Roman „das verlorene Paradies“ im englischen Original „paradise“ wurde 1994 veröffentlicht. In deutscher Übersetzung kam es 1998 beim S.Fischer Verlag heraus und wurde 2021 in der Übersetzung von Inge Leipold beim Penguin Verlag neu aufgelegt, wahrscheinlich anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises. Der Proganonist der Geschichte ist der zwölfjährige Yussuf, der zunächst bei seinen Eltern aufwächst und dann von einem reichen arabischen Kaufmann als Schuldsklave für die Schulden seines Vaters mitgenommen wird. Yussuf wird im Geschäft seines Onkels eingesetzt, wo er gemeinsam mit einem anderen jungen Mann, der auf ähnliche Art in den Besitz des Kaufmanns gelang ist, unbezahlt arbeitet. Am Ende des Romans ist Yussuf erwachsen und seine Sicht der Welt hat sich entsprechend verändert. Der Roman spielt in einer bewegten Zeit, zu Beginn des 20ten Jahrhunderts, vor dem ersten Weltkrieg. Die zukünftige Kolonialmacht Deutschland beginnt das Leben im heutigen Tanzania mehr und mehr zu beeinflussen und zu Beginn des ersten Weltkriegs werden unter den Einheimischen Soldaten für die deutsche Armee ausgehoben. Yussuf landet, nachdem er von seinen Eltern weggebracht wurde, in einer bunten, multiethnischen, multi-religiösen Gesellschaft, die für die Leser*innen überraschend und eher unbekannt ist. Der Autor zeichnet das präkoloniale Leben in Sansibar illusionslos. Die arabischen Sklavenhändler sind allgegenwärtig, Gewalt und öffentliche Folter sind an der Tagesordnung. Der Kolonialismus wird nicht als Einbruch in ein Paradies dargestellt sondern als zusätzliche Erschwernis des Lebens. Diese objektive Sicht auf Land und Leute, auf Geschichte, Kultur und Religion ist sehr interessant zu lesen und die Sprache des Autors ist leicht, fließend und mitreissend. Gurnah zeichnet keine psychologischen Profile seiner Figuren, er beurteilt die Geschehnisse auch nicht, er beschreibt sie. Weder Schönheit, noch Brutalität werden ausgespart, die Bilder sind sehr stark, vor allem die Handelskarawanenreise fand ich sehr eindringlich. Es wird hier nicht nur diese Form des Handels mit all ihren Gefahren und Gewinnen beschrieben, es wird auch sehr klar, dass es nicht mehr lange möglich sein wird auf diese Weise Geschäfte zu machen, dass die Strukturen dieser ostafrikanischen Welt dabei sind, sich radikal zu ändern. Zwei große Themen sehe ich in diesem Roman: die innere Freiheit unter widrigen Umständen und das Thema der Entwurzelung, einerseits jener des Protagonisten und andererseits jener des gesamten Kulturkreises. Andere mögen andere Leitmotive finden. Der Roman ist für vieles offen. Sehr überraschend fand ich das Ende der Geschichte. Andererseits ist die psychologische Struktur des Protagonisten wenig vertieft und so kann man auch nicht sagen, ob das Ende nun schlüssig ist oder nicht. Für mich ist es ein plötzlicher Einbruch des Irrationalen, der verblüfft, aber bei näherer Betrachtung auch ein Vorgeschmack auf die Zukunft ist, die Yussuf erwartet.
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