Ein Geist in der Kehle von Doireann Ní Ghríofa

Doireann Ní Ghríofa Ein Geist in der Kehle

DIES IST EIN WEIBLICHER TEXT


ZWEI SCHRIFTSTELLERINNEN, Jahrhunderte voneinander getrennt: In ihrem ungewöhnlichen Prosadebüt verbindet Doireann Ní Ghríofa Essay und Autofiktion, um das Innenleben und die tiefe Verbundenheit zwischen zwei schreibenden Frauen aus zwei verschiedenen Epochen zu erkunden. Es ist eine Feier des Lebens, der Liebe und des rechten Umgangs mit Leiden.

Im 18. Jahrhundert trinkt eine irische Adelige, als sie erfährt, dass ihr Mann ermordet wurde, eine Handvoll seines Blutes und verfasst ein außergewöhnliches Gedicht, das zum nationalen Mythos werden wird. In der Gegenwart entgeht eine junge Mutter nur knapp einer Tragödie und stößt auf ein Gedicht, das sie bereits als Schulkind gelesen hat. Besessen von den Parallelen zu ihrem eigenen Leben macht sie sich auf die Suche nach dem verschwiegenen Rest des Geschehens.

Eine große Geschichte über eine Frau, die ihre Stimme befreit, indem sie in die Vergangenheit vordringt und die einer anderen findet.

Jetzt bestellen

€ 24.00 [D] inkl. MwSt. | € 24.70 [A] | CHF 33.50 * (* empf. VK-Preis)

Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: Leselisel

    Doireann Ní Ghríofa: „Ein Geist in der Kehle“ Aus dem Englischen von Cornelius Reiber (Text) und Jens Friebe (Lyrik) Was für ein Buch! Intensiv, lebensnah, intim, direkt und ausserordentlich poetisch. „Ein Geist in der Kehle“ hat auf mich eine Faszination ausgeübt, die ich kaum in Worte fassen kann. Jeder Satz ein Genuss. Eigentlich wollte ich vor dem Urlaub nur kurz blättern, die erste Seite anschauen. Den Klappentext. Das Foto der Autorin. Aber dann begann ich zu lesen, und die Sätze zogen mich so tief hinein in diesen außergewöhnliche Text, bewegten und begeisterten mich von Anfang an, und so durfte das Buch mit auf die Reise – trotz Hardcover. Doireann Ní Ghríofa, vierfache Vollzeitmutter, erinnert sich in einer herausfordernden Phase ihres Lebens an die irische Dichterin Eibhlín Dubh, die im 18. Jahrhundert ein Caoineadh, ein berühmtes, irisches Klagelied erschaffen hat. Während sie sich um die wachsende Familie kümmert, „Tausende Pflichen“ erfüllt, stillt, Milch zum Spenden abpumpt, taucht sie immer tiefer in das Gedicht und in das Leben von Eibhlín Dubh ein, beginnt den irischen Text neu ins Englische zu übersetzten und nach den Spuren Eibhlín Dubhs zu suchen. Die obsessiven Beschäftigung mit dem Caoineadh und seiner Urheberin, über deren Leben sehr wenig bekannt ist, gibt Doireann Ní Ghríofa Kraft und Halt. „Die Monate vergingen, wie Monate so vergehen, in einem Kreislauf aus Einkaufslisten, Magen-Darm-Infekten, Ostereiern, Staubsaugen und Stromrechnungen. Mein Bauch wurde dicker und dicker, bis sich mein dritter Sohn eines morphiumhellen Tages im Juli langsam seinen Weg aus meinem Bauch zu meiner Brust bahnte und ich wieder in die brutale Erschöpfung des nächtlichen Stillens geriet. In diesen Wochen der gelben Windeln, in denen sich alles um die erratische Welt der Bedürfnisse anderer drehte, waren die Zeilen des Caoineadh der einzige dauerhafte Halt.“ In ihrem Prosadebüt vermischt Doireann Ní Ghríofa geschickt und gut austariert ihr eigenes Leben als Mutter und ihre Beschäftigung mit der Dichterin Eibhlín Dubh. So verwebt sie zwei Frauenleben aus ganz unterschiedlichen Zeiten zu einem aussergewöhnlichen Kunstwerk. Obwohl zwischen dem Leben der beiden Frauen viel Zeit verstrichen ist, sind sie doch miteinander verbunden durch ihr Frau- und Muttersein. Immer wieder taucht in „Ein Geist in der Kehle“ der Satz: „Dies ist ein weiblicher Text“ auf. Als eine Art Leitmotiv weist er auf das von Frauen geschaffene, geleistete, getextete, gelebte und nicht wahrgenommene, nicht sichtbar gemachte hin. Der weiblicher Text Doireann Ní Ghríofas macht Weiblichkeit, Mutterschaft und weibliches Leben, Wirken und Schaffen sichtbar und ehrt es. Immer wieder wird dabei das auch über die Jahrhunderte Verbindende betont: „Sobald sich sein Kiefer entspannt und sich seine Augen nach hinten verdrehen, schleiche ich mich davon, erneut fasziniert vom Gedanken, wie oft einzelne Augenblicke meines Tages von unzähligen anderen Frauen in unzähligen anderen Wohnungen durchlebt werden, verbunden mit mir im Text unserer Tage. Ich frage mich, ob sie ihre Schufterei genauso lieben wie ich […]“ Noch nie habe ich einen so poetischen Text über Mutterschaft gelesen. Über alle diese Erfahrungen, Gefühle, Ängste, Schmerzen und Freuden dieser so besonderen, fordernden, einzigartigen Zeit mit kleinen Kindern. Doireann Ní Ghríofa schreibt klar, eindrücklich, schonungslos und roh. Aber nie abwertend. Und das macht das Buch für mich so einzigartig .Während in der feministischen Literatur oft alles, was mit Kindern, Care- und Hausarbeit zu tun hat, als Hindernis oder als etwas Minderwertiges dargestellt wird, das Frau daran hindert, das wirkliche, richtige Leben zu leben, lebt Doireann Ní Ghríofa ihre Mutterschaft ganz selbstverständlich, ohne sie zu bewerten, schildert die brutalen Seiten, ohne zu jammern. Ihre Beschreibungen sind voller Poesie. Statt auf Ungerechtigkeiten oder Mangel richtet Doireann Ní Ghríofa ihren Blick auf die Fülle und das das Besondere am Frau sein, ohne allerdings die schwierigen Seiten zu unterschlagen. So ist dieser Text voller Hingabe an das Leben, die Dichtkunst, Frauen früherer Jahrhunderte, an das Frausein und Muttersein und an die allgegenwärtige Vergangenheit, die unser Leben beeinflusst. „Dies ist ein weiblicher Text.“ Ein schöner Text. Ein Text mit vielen bewegenden Szenen und klugen Gedanken. Ein Text über die Kraft der Literatur. Ein Text über das Leben, die Liebe und das Loslassen.
  • Von: Stillesen

    Auf dem Buch steht unter dem Titel folgender Text: „Dies ist ein weiblicher Text geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.“ Die Autorin Doireann Ní Ghríofa ist Dichterin und Essayistin und das spiegelt sich im ganzen Buch in ihrer außergewöhnlichen Schreibweise wider. Sie schafft es mühelos eine Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit herzustellen. Sie ist fasziniert und regelrecht besessen von den Parallelen zum Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill, die im 18. Jahrhundert lebte und wegen des von ihr verfassten Klageliedes auf ihren ermordeten Ehemann berühmt wurde. Auch auf mich hat das Buch eine Faszination ausgeübt, denn es lässt sich in keine Schublade stecken. Ní Ghríofa hat mich von Anfang an mit ihren eindringlichen, ehrlichen und tiefgründigen Worten mitgerissen. Sie schreibt von sich selbst, dem Alltag als Frau und Mutter, Rückschlägen und Erfolgen und hat offensichtlich ein Auge fürs Detail. Sie versucht, mehr über das Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill herauszufinden und wühlt sich durch alte Bücher, besucht Archive und Friedhöfe und stellt fest, dass es gar nicht so einfach ist, an Informationen zu gelangen. Das 18. Jahrhundert war eine von Männern bestimmte Welt und so sind auch nur von Männern verfasste Schriftstücke erhalten, die nur wenige Informationen über Frauen, insbesondere von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill, enthalten. Aber Doireann Ní Ghríofa gibt nicht auf: Da wo sie keine Informationen bekommt, füllt ihre Fantasie die Lücke und so imaginiert sie, selbst an den Orten der Vergangenheit stehend, über den Werdegang der Frau, die durch ihr Klagelied einen nationalen Mythos schaffen soll. Nichts für schwache Nerven sind dabei die Einschübe, die die Autorin aus ihrem eigenen Leben preisgibt und nach und nach mit dem Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill verwebt. Ich fand das Prosadebüt absolut gelungen und mitreißend, auch wenn mich die Vehemenz einiger Nachforschungen schon an Besessenheit erinnern. Aber vielleicht ist es genau diese Leidenschaft, dieses Feuer, die die treibende Kraft hinter dem Werk war. Bei mir haben sich die Worte von Doireann Ní Ghríofa jedenfalls eingebrannt und machen das Leseerlebnis unvergesslich. Ich kann nicht anders, als die volle Punktzahl zu vergeben (5/5 Sternen) und eine Leseempfehlung für alle auszusprechen, die bereit für ein andersartiges Buch sind.
  • Von: MarcoL

    Die Autorin hat mit diesem Werk in meinen Augen etwas Einmaliges geschaffen. Ein literarisches Meisterwerk, in einer Symbiose aus Prosa und Poesie. Die Sprache, die Sätze, sind ein Genuss, auch wenn der Inhalt manchmal fast schon zu pathetisch erscheinen mag. „Die seltsame Stille zwischen dem Abgang eines Briefes und seiner Zustellung, die sonderbare Zeit, nachdem die Worte erdacht und aufs Papier gebracht, aber noch nicht gelesen wurden.“ - Herrlich! Es ist eine gelungene Mischung aus lyrischen, historischen und biographischen Texten, in welche sich die Autorin verliert in einer Suche nach der ursprünglichen Weiblichkeit. Es ist ihr eigenes Leben zwischen Windeln und haushälterischer Aufopferung, welches sie beschreibt. Ein Leben auf der Suche nach einer anderen Zeit, nur um zu Bemerken, wie sehr die Männlichkeit (oder nennen wir es das Patriarchat), alles (weibliche) Dagewesene in den Schatten stellt. Ausgangspunkt ist ein von Eibhlín Dubh Ní Chonaill im 18. Jahrhundert verfasstes Klagelied in 36 Strophen, das „Caoineadh Airt Uí Laoghaire“, in dem sie den Tod ihres Gefährten Art Ó Laoghaire beklagt. Aufgewühlt von diesem irischen Text begibt sich Doireann Ní Ghríofa zurück in die Vergangenheit. Sie beginnt an zu forschen, wer diese Autorin war. Sie sucht nach Gemeinsamkeiten, da sie seit ihrer Schulzeit von dem Text fasziniert, ja fast schon gefangen ist. Die beiden Leben der Frauen scheinen sich zu vermischen. Es geht hin fast bis zur Selbstaufopferung in diesem autofiktionalem Text (fast schon zu viel des Guten). Sie findet allerdings wenig, die Spur der Dichterin nach dem Verfassen des Klageliedes verblasst. Sie wird nur weitergeführt mit einer Chronologie der männlichen Nachfahren. „Dies ist ein weiblicher Text“, lesen wir sehr oft. Nicht nur zu Beginn des Buches. Immer wieder erinnert uns die Autorin an diese paar Worte. Sie gibt nachhaltig Ausdruck darüber, was ihr wichtig ist. Zu recht, denn Texte von Frauen wurden verdrängt, der Männlichkeit einverleibt (z.B. George Eliot, um überhaupt Gehör zu finden). Und auch heute noch tun sich Autorinnen in der Verlagswelt wesentlich schwerer als ihre männlichen Kollegen. Wie gesagt, der lyrische Schreibstil ist eine Wucht, man kann sich zwischen den Zeilen verlieren, und liest und liest und liest und denkt sich, das war jetzt zu schnell gelesen. Der Text ist einnehmend, übt eine Art Magie aus, beutelt einen, macht wütend und glücklich zu gleich. Ein wunderbares Werk! Lest es! Absolute Leseempfehlung!
Mehr laden