„Solange wir uns alles anvertrauen können, kann nichts je so schlimm sein. Mit einer besten Freundin ist selbst das tiefste Tal nicht völlig dunkel […]. (Seite 328)
Seit der Grundschule sind die in Köln lebende Fernsehmoderatorin Eva Gruber und die Münchner Bibliothekarin Judith Wieland beste Freundinnen. Jetzt sind sie Ende 40 und ihr Leben hat grundverschiedene Wendungen genommen. Die abenteuerlustige und leicht verpeilte Eva ist überzeugter Single und will „nichts Festes“. Stets hat sie die liebevoll-perfekte Ehe ihrer Eltern vor Augen. Das ist ihr Beziehungs-Ideal und auch ihr Anspruch. Und bevor sie daran scheitert, lässt sie’s lieber ganz bleiben. Obwohl Timo, ihre neueste Eroberung, diesen Entschluss ein bisschen ins Wanken bringt.
Die bestens organisierte Judith dagegen steht kurz vor der Silberhochzeit mit ihrem Frank. Die Söhne sind schon aus dem Haus. Auch Judith hat die Ehe ihre Eltern vor Augen – als abschreckendes Beispiel. Um ihren Jungs ein Scheidungskinder-Schicksal zu ersparen, hat sie stets zurückgesteckt, sich von ihrem Mann alles gefallen lassen und krampfhaft die Harmonie aufrechterhalten. Jetzt, da die Söhne ihr eigenes Leben führen, hat ihre Ehe eigentlich keine „Geschäftsgrundlage“ mehr und Judith beginnt sich zu fragen, ob sie für den Rest ihrer Tage neben Frank her leben möchte.
Seit Jahren nehmen sich Eva und Judith einmal im Jahr Zeit für ein paar Tage Freundinnenurlaub. Jedes Jahr organisiert eine andere eine Städtereise mit viel Kulturprogramm. Diesmal ist Eva dran – und verpennt es, sich rechtzeitig darum zu kümmern. Statt in London oder Amsterdam landen die zwei Damen als last-Minute-Verlegenheitslösung in Timos Ferienhaus an der niederländischen Küste.
Judith ist enttäuscht. Tulpen, Sand und Meer am Ende der Welt statt Kunst und Kultur in einer aufregenden Metropole! Na, toll! Auf diese Weise kommen sie aber wenigstens mal zum Reden. Das ist bei dem eng getakteten Kulturprogramm vergangener Urlaube immer zu kurz gekommen. Und Redebedarf gibt’s reichlich, wie sich bald herausstellt. Dabei kommen einige überraschende Wahrheiten ans Licht.
Das verunsichert vor allem Eva und sie traut sich nichts mehr zu sagen, was von ihrer Freundin als Einmischung interpretiert werden könnte. Dabei hätte sie einiges zu berichten, was Judith ihrer Meinung nach über ihren Ehemann wissen sollte. Doch weil sie ihre Freundschaft nicht gefährden will, schweigt sie. Ob das so gut ist? Unwillkürlich überlegt man als Leserin, was wohl am besten wäre und wie man selbst in dieser Lage handeln würde.
Der Freundinnen-Urlaub verläuft also nicht so harmonisch wie erwartet. Jede macht ihr eigenes Ding und zieht meist allein los, was auch positive Folgen hat: Bei ihren Alleingängen lernt Judith Menschen kennen, die ihr bewusst machen, wie man auch miteinander umgehen kann, nämlich rücksichtsvoll, fürsorglich, wertschätzend und auf Augenhöhe. Es ist keinesfalls „normal“ und klaglos zu akzeptieren, dass einen der Partner wie ein Möbelstück behandelt, wie ihr Gatte das tut. Und auch Eva zweifelt mehr und mehr daran, dass ihr Lebensstil noch zu ihr passt.
Jetzt ist die Frage, was die beiden Frauen aus den Erkenntnissen dieses Wochenendes machen. Werden sie einen Neustart wagen oder weiterwursteln wie bisher. Wie auch immer sie sich entscheiden und ob sie mit dieser Entscheidung glücklich werden oder krachend scheitern: Sie wissen jetzt, dass sie da nicht allein durch müssen, sondern dass sie sich trotz aller Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten fest aufeinander verlassen können.
Das Hinterfragen des bisherigen Lebens und das Erwägen eines Neustarts sind ernste Themen. Aber natürlich gibt’s hier auch was zu lachen … nicht nur über Evas allgegenwärtiges Chaos. Wie die beiden Freundinnen hier über eine unliebsame Person herziehen, ist schon sehr erheiternd. Ich hätte ihnen gern noch mit ein paar Vokabeln ausgeholfen. 😊 Und ihre „Detektivarbeit“, mit der sie eine unbekannte Stimme am Telefon Identifizieren wolle: köstlich!
„Feministischer“ wär’s gewesen, wenn Judith einfach festgestellt hätte, dass sie Frank nicht mehr in ihrem Leben haben will und gegangen wäre, ohne bereits eine Alternative in Aussicht zu haben. „Ich muss mir das nicht bieten lassen, ich schaff das allein“ statt „Ich bleib‘, bis sich was Bess’res findet“ wäre mir als Botschaft lieber gewesen. Aber so, wie die Geschichte hier erzählt wird, ist sie natürlich unterhaltsamer – was ja der Job eines Romans ist. Und den macht er prima. Genauer gesagt: die Autorinnen.
Für alle, die sich fragen, wie zwei Personen zusammen einen Roman schreiben können: Die Handlung wurde gemeinsam entwickelt und dann die Geschichte abwechselnd aus Judiths und aus Evas Perspektive erzählt. Es steht vorne im Buch: Heike Abidi hat Judiths Part geschrieben, Ursi Breidenbach den der Eva. Nach diesem Muster arbeiten die beiden auch im Sachbuchbereich. Funktioniert bestens, hier wie dort!
Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen
Von: Evas Lesezeit
Von: Seiteträumerin I Kathrin-Marie
Von: Veronika Kay
Von: Edith N.
Von: Nicola Stender
Von: Igela
Von: niwibo
Von: Leseschnecke Susi