Hexensaat von Margaret Atwood

Margaret Atwood Hexensaat

Rache ist zeitlos: Booker-Preisträgerin Margaret Atwoods Verneigung vor dem großen Bühnenmagier William Shakespeare.

Felix ist ein begnadeter Theatermacher, ein Star. Seine Inszenierungen sind herausfordernd, aufregend, legendär. Nun will er Shakespeares »Der Sturm« auf die Bühne bringen. Dies soll ihn noch berühmter machen – und ihm helfen, eine private Tragödie zu vergessen. Doch nach einer eiskalten Intrige seiner engsten Mitarbeiter zieht sich Felix zurück, verliert sich in Erinnerungen und sinnt auf Rache. Die perfekte Gelegenheit kommt zwölf Jahre später, als ein Zufall die Verräter in seine Nähe bringt ...

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Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: artWORDising Diana Wieser

    Felix, in eigentlicher Bedeutung „der Glückliche“, hat nicht viel mit seinem Vornamen gemein. Der einst erfolgreiche Theaterregisseur wurde nach dem Tod von Frau und Tochter beruflich ausgebootet und um seinen Job gebracht. Nur der Sinn nach Rache hält ihm am Leben. Dafür lässt sich Felix etwas ganz Besonderes einfallen… Margaret Atwood hat einen faszinierenden „Story-in-Story“-Plot entworfen. Denn Felix‘ Rache orientiert sich an Shakespeares Theaterstück „Der Sturm“. Diesen will Felix tatsächlich inszenieren, aber nicht mit herkömmlichen Schauspielern, sondern mit den Insassen einer Strafanstalt. Diese irrwitzige Ausgangslage meistert Atwood mit viel Einfallsreichtum, einem atemberaubenden Aufbau und viel lakonischen Witz. Nicht nur für Shakespeare Liebhaber ist dieser Roman ein Muss! Felix ist das erfolgreiche Enfant terrible des Makeshiweg-Festivals in Kanada und bekannt für seine Inszenierungen, die gerne Grenzen überschreiten. Ein Genie, das ganz in seinem Beruf aufgeht. Doch private Schicksalsschläge werfen ihn aus seiner Bahn. Zuerst stirbt seine Frau, zwei Jahre später seine Tochter Miranda an einer zu spät erkannten Meningitis. Felix wird von Schuldgefühlen zerfressen. Hätte sich ihr Tod vermeiden lassen, wenn er öfters zu Hause und aufmerksamer gewesen wäre? Um den Verlust zu überwinden, stürzt sich Felix in die bahnbrechende Neuinszenierung von Shakespeares „Der Sturm“, in dem er die gleichnamige Miranda stellverstretend für seine Tochter auferstehen lassen will. Doch dazu kommt es nicht mehr. Sein Assistent Tony, ein opportunistischer Emporkömmling, hat Felix instabile Gefühlslage längst zu seinen Gunsten genutzt. Er bewirkt Felix Entlassung und reißt sich dessen Job unter den Nagel. Gemeinsam mit einem alten Freund aus der Politik müssen sie diesen Coup schon lange geplant haben. Nach Jahren des Rückzugs, scheint Felix dem Wahnsinn zu verfallen. Er lebt als Einsiedler in einer abgelegenen Hütte und spricht mit einer Projektion seiner verstorbenen Tochter Miranda, die er „mitwachsen“ und altern lässt. Oder gönnt sich Felix nur eine wohlverdiente Auszeit als Vorbereitung für einen Gegenschlag? Denn „Rache muss kalt getrunken werden“! Unter dem Pseudonym Mr. Duke nimmt er den Job in einer Strafanstalt an. Er soll dort Theaterkurse halten, um die Lese- und Rechtschreibkompetenzen der Sträflinge zu fördern und ihre Wiedereingliederung zu erleichtern. Durch seine unkonventionellen Methoden wird der Kurs zum Hit und erregt bald Aufsehen. Hoher Besuch seitens der Politik steht an – darunter altbekannte Gesichter, mit denen Felix noch eine Rechnung offen hat… „Der Sturm“ in moderner Form mit den Insassen einer Gefängnisanstalt ist die wahnwitzigste Interpretation, die das Stück jemals erfahren habe dürfte. Hier zeigt sich Atwoods literarisches Können. Der Aufbau orientiert sich am Theaterstück, das natürlich von den Häftlingen entsprechend uminterpretiert, digitalisiert und „aufgepimpt“ wird. Dabei muss Felix einige Hürden meistern: Keiner der bösen Buben will „schwule“ Feen oder jungfräuliche Mädchen spielen. Wenn schon eine weibliche Hauptrolle, dann bitte eine Hexe oder rachsüchtige Königsgattin! Als eine weibliche Schauspielerin dafür engagiert wird, geraten nicht nur die Hormone der Insassen in Wallung. Doch was Felix und seine Truppe mit begrenzten Mitteln und Möglichkeiten auf die Beine stellen, ist schlichtweg großartig. Und verfehlt seine Wirkung am Ende nicht… Margaret Atwood, die 2017 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, entführt ihre Leser auf eine atemberaubende literarische Inszenierung, die mühelos zwischen Lyrik und Rap, Theater und Literatur, Klassik und surrealistischen, digitalen Spielereien lustwandelt. Atwood ist ein Bravourstück gelungen, das sich nicht nur unterhaltsam liest, sondern auch mit dem nötigen Tiefgang aufwartet. Ihr Titelheld Felix schlüpft zwar in die Rolle des Prospero, steht aber stellvertretend für viele von Shakespeares Titelhelden, die von Rache, Wahnsinn, Eitelkeit, Schuld und Sühne angetrieben werden. Auch die Insassen der Haftanstalt wachsen durch die Inszenierung, entdecken neue Fähigkeiten, gewinnen eine Perspektive. Erhalten am Ende alle ihre Katharsis? Können Literatur und Theater den Menschen vergrößern, ihn über seine Schwächen erheben und zu etwas Besserem machen? Fazit: Unbedingt lesenswert! Die Art wie die preisgekrönte Autorin zwischen Kunstgenres lustwandelt, wie intelligent sie ihre „Story-in-Story“ aufbaut, wieviel Humor sie in die Rachestory einbaut und nebenbei noch die Lust auf Shakespeare weckt – das alles ist den sofortigen Gang in die nächste Buchhandlung wert!
  • Von: Hirilvorgul

    Kennt ihr diese Bücher, die man nicht mehr aus der Hand legen kann, aber dennoch mit Erschrecken das Abnehmen der verbleibenden Seiten beobachtet? „Hexensaat“ ist definitiv einer davon. Ich wusste überhaupt nicht, was mich erwartet – kannte ich doch auch das Shakespeare-Original nicht. Klar hatte ich von Prospero schon mal etwas gehört, aber das war es dann auch. So bin ichvöllig unvoreingenommen an das Buch herangegangen. Bekommen habe ich dann ein echtes Highlight. Was für ein genialer Plan des abservierten Regisseurs Felix Philipps! Was für eine unglaubliche Umsetzung des Stücks mit Laiendarstellern! Ich war total fasziniert davon, wie er seine Darsteller sich das Stück und die Rollen erschließen ließ. Absolut genial: die Reflexion der einzelnen Teams am Ende und vor allem die Überlegungen, wie es mit den Figuren weitergehen könnte. Realistischer und moderner kann man Shakespeare nicht erleben. Und zum guten Schluss hat diese Story auch noch ein wunderbar rundes Ende. Ich bin noch immer total im Bann dieser Geschichte und kann Knaur nur für dieses Projekt danken, das uns Shakespeares große Werke in neuem Gewand präsentiert und mit Sicherheit den ein oder anderen Leser an die Klassiker heranführen wird. Von mir gibt es uneingeschränkte 5 Sterne, eine Leseempfehlung an… einfach alle, die gut erzählte Geschichten lieben. Fazit: Großartige Neuerzählung von Shakespeares „Sturm“, der einen sofort das Original lesen und den nächsten Theaterbesuch planen lassen will.
  • Von: seitenleben

    Felix ist ein gefeierter Regisseur in der Theaterszene, er leitet ein bekanntes Festival und dort soll auch seine neue Inszenierung von „der Sturm“ aufgeführt werden. Das Stück bedeutet ihm viel, er findet in Miranda seine vor kurzem gestorbene Tochter (selbigen Namens) wieder. Doch bevor das Stück auf die Bühne kommen kann, wird Felix von seinem Assistenten hintergangen und regelrecht abgesägt. Der Assistent klettert ein paar Karrierestufen höher, Felix endet als gefallener Star in einer einsamen Hütte. Doch 12 Jahre später bietet sich die Chance auf Rache. Felix leitet inzwischen eine Theatergruppe im Gefängnis, natürlich unter einem anderen Namen. Die Insassen sollen lernen mit Sprache besser umzugehen und sind mit Feuereifer bei der Sache. Ihre Stücke haben Erfolg und Felix alte Widersacher kündigen sich zu einem Besuch an. Felix kann endlich seinen Sturm aufführen, wenn auch nicht zum Vergnügen der Zuschauer…. Hexensaat ist ein weiterer Titel aus der Shakespeare-Kollektion. Bekannte Autoren interpretieren Shakespeares Werke neu. Mit Hexensaat stellt sich Margaret Atwood der Aufgabe „den Sturm“ in ein neues Gewand zu kleiden. Im Vergleich zu den anderen Büchern aus der Reihe, die ich bisher gelesen habe („der Neue“ von Tracy Chevalier, „die störrische Braut“ von Anne Tyler), geht die Autorin ganz anders an die Sache heran. Sie erzählt nicht die Geschichte neu, sondern setzt das alte Stück in einen anderen Rahmen. Ein Theater im Theater sozusagen. Denn die Gefängnisinsassen verändern den Sturm in ihrer Aufführung nur leicht, machen die Texte etwas moderner und denken sich abgefahrene Kostüme aus. Doch gleichzeitig nimmt auch Regisseur und Schauspieler Felix die Züge seiner Rolle an – er ist Prospero der Hexer, gefangen in seinen Racheplänen und immer besorgt um seine Tochter, die ihn nach ihrem Tod weiter als Hirngespinst begleitet. Das gesamte Stück wird von den Insassen analysiert und bearbeitet. Man erfährt einiges über die einzelnen Rollen, die Intensionen, die Shakespeare vielleicht gehabt haben könnte. Das klingt jetzt wie eine langweilige Theateranalyse in der Schule. Ist es aber ganz und gar nicht, denn der Handlungsrahmen und auch die Charaktere machen dieses Buch sehr lebendig, manches Mal humorvoll und eben auch ein bisschen düster, wie es sich für Shakespeare gehört. Diese neuen Ansätze und Aspekte waren wirklich sehr spannend zu lesen, manchmal vielleicht ein bisschen abgedreht, aber so erwartet man es ja auch aus der Sicht eines genialen Regisseurs. Ich hatte ein bisschen Sorge, ob mir das Buch gefallen würde, da mir der Schreibstil der Autorin in „der Report der Magd“ so gar nicht zugesagt hat. Diesmal jedoch konnte sie mich mit ihrer gekonnten und detailreichen Erzählweise wirklich von der ersten Seite an fesseln. Sie hat sich spürbar mit dem Stück auseinandergesetzt und ihre Freude daran kam bei mir an. Fazit: Eine sehr schöne und abwechslungsreiche Interpretation in einem gelungenen Rahmen. Ich habe das Original von Shakespeare nicht gelesen und kenne das Stück nur in seinen groben Zügen und aus Filmen. Deshalb findet der Kenner bestimmt noch einige Feinheiten und Anlehnungen mehr, die die Autorin in Hexensaat versteckt hat. Aber auch für mich als Leien war das Buch ein großes Lesevergnügen.
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