Stan, Anfang 50, von Beruf und Berufung Paläontologe, führt ein unscheinbares Leben an der Universität in Paris. Seit seiner Kindheit in den Pyrenäen ist er fasziniert von Fossilien, und hat sich seinem ganzen Leben danach verschrieben. Was unter Umständen spannend und erfüllend zu sein verspricht, ist in Wahrheit ein unspektakulärer Institutsalltag. Dennoch träumt er davon, einmal im Leben einen wirklich großen Fund zu machen, und so greift er nach dem Strohhalm, der ihm wie eine langersehnte breite Brücke erscheint. In den Seealpen an der Grenze zwischen Italien und Frankreich habe jemand das Skelett eines Drachen gesehen. Es sind Gerüchte, kaum haltbar, und dennoch beginnt Stan zu recherchieren. Im Sommer 1954 ist es dann so weit, er startet eine Expedition mit seinem früheren Assistenten, dem sanften Hünen Umberto, der mittlerweile selbst Professor in Turin ist. Mit dabei sind der erfahrene Bergführer Gio, und zu Stans Missfallen Umbertos Universitätsgehilfe Peter, ein Deutscher. Es ist ein illustres Team, das sich auf beinahe 3000 Meter Seehöhe im unwegsamen Gelände für mehrere Wochen einrichtet, und versucht, der Gegend und dem Gletscher das Geheimnis, das mehr eine Hoffnung als eine Spur ist, abzuringen. Stan träumt vom Fund eines mehr als 30 Meter langen Sauropoden.
In der Einsamkeit des Hochgebirges erzählt uns Stan nicht nur von dieser Expedition. So langsam legt er wie ein schmelzender Gletscher seine Vergangenheit frei. Seine Kindheit war nicht immer auf Rosen gebettet, seine Mutter starb früh, und sein Vater, den er nur den „Kommandant“ nennt, war ein Despot wie er im Buche steht.
Umso mehr sehnt sich Stan nach Erfolg.
Was sich zuerst wie eine Abenteuergeschichte sondergleichen anhört, ist so viel mehr als das. Es ist die Reise eines klugen Mannes an seine eigenen Grenzen, und zurück in seine Kindheit. Der Traum, sich endlich zu beweisen, wird zur Obsession. Mittendrin gibt es sehr viel Zwischenmenschliches, teils sehr berührend, wenn es um die tiefe Freundschaft zwischen Stan und Umberto geht.
Es gibt aber auch Keile, die im Laufe der Zeit gewachsen sind, und vom Autor sehr gekonnt, meist in Form von anderen Personen, in die Geschichte getrieben werden. Verlust und Versagensängste kontra gesunden Menschenverstand. Entgegen jeder Ratio das Unmögliche erreichen zu wollen, spielt eine große Rolle. Und natürlich die Frage: wieviel haltet eine Freundschaft aus.
Die Sprache ist einmalig, sehr bildhaft und poetisch. Manchmal fast schon zu überladen an Metaphern und blumiger Ausdrucksweise, und dennoch ein wahrer Lesegenuss.
Es ist ein sehr ruhiges Buch, in dem viel Kraft steckt, und das noch lange nachhallen wird. Es entführt uns ein eine andere Welt, in der Menschen eigentlich nichts verloren haben. Die raue Bergwelt, der schier unbezwingbare Gletscher mit seinen Gefahren und Geheimnissen, die Höhen und Tiefen stehen alle symbolisch für den Kampf, der im Inneren von Stan tobt. Für mich genial umgesetzt und somit eine große Leseempfehlung.
Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen
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