„Der Mann, den ich liebe, wird nicht mehr lebendig, und ich habe die Hälfte meines Lebens noch vor mir. Im statistischen Mittel.“
Bis mich diese beiden letzten Sätzen ausgespuckt haben, hatte ich ganz schön was hinter mir: Selten war ich so nah an einer Romanfigur, wie an Muna Appelius.
Kennengelernt habe ich die in einer Ostdeutschen Kleinstadt lebende Muna, kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Gleich zu Beginn erzählte sie mir, dass ihre Mutter gerade versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Dass ihr Zuhause nach dem frühen Tod des Vaters aus einem „Totenbett, einem leeren Ehebett und einem Kinderbett“ besteht, ihre Mutter, einst gefeierte Schauspielerin und lange schon Alkoholabhängig, sie zum Geburtstag doch mit liebevoll gewählten Geschenken überraschen konnte, dann aber keine Woche mehr durchgehalten hat, bis Tabletten und Rotwein zum Abtransport mit Blaulicht geführt haben.
Muna schafft ihr Abitur und während sie noch überlegt, wie es für sie weitergehen soll, begegnet ihr Magnus, Lehrer, Fotograf und "der schönste Mann, den ich je im Leben sehen würde."
Sie verliebt sich Hals über Kopf und unsterblich, für ihn ist es ein One-night-stand und während er im Juni 1989 eine Radtour durch Ungarn und Bulgarien macht, verschwindet er erstmal – für sieben Jahre.
Muna entscheidet sich für ein Literaturstudium und will Journalistin werden. Sie geht nach Berlin, London und Wien, arbeitet als Babysitter und für ein frauengeschichtliches Forschungsprojekt, lässt keine der angesagten Theateraufführungen aus und beginnt zu promovieren. Sie lernt Männer kennen, hat, mehr oder weniger unerfreuliche, Affären und denkt an Magnus. Ständig.
Als sie ihm nach diesen sieben Jahren und unzähligen Briefen an ihn, die ihn nie erreichten, zufällig in einem Foyer begegnet, wird daraus tatsächlich eine Beziehung. Muna scheint endlich „zuhause“ zu sein, mit ihm, "weiß ich, dass das Leben, das ich lebe, wirklich meins ist."
Sie liebt ihn hingebungsvoll, er reagiert darauf anfangs oft unwirsch: "Wenn du doch nur Abstand davon nehmen könntest zu reden.“, bald wird daraus aber Gewalt:
„Mieses Stück parfümierte Scheiße!Ich weiß nicht, ob es seine Stimme war oder etwas in meinem Kopf, das mir die Wahrheit über mich sagte. Dann wurde das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren so laut, dass ich nichts mehr hörte, auch nicht mehr einen Gedanken. Das war die Halsschlagader, die er zugedrückt hielt, während er mich gegen die Wand presste.“
Immer wieder kommt es zu Gewaltausbrüchen – doch Muna bleibt. Sie lernt seine Stimmungen zu erkennen, nimmt Rücksicht, versucht mit Körperlichkeiten zu deeskalieren. Sie sucht die Schuld bei sich und kehrt letzten Endes die Perspektive um:
„Ich gebe zu, dass ich anfing, wie am Spieß zu schreien. Wenn jemand das mit mir gemacht hätte, hätte ich denjenigen wahrscheinlich auch von meiner Schwelle gestoßen und die Tür vor ihm zugeknallt. Und hätte derjenige nicht genug Körperkontrolle gehabt und wäre hingefallen und hätte dann auf dem Boden sitzend, schäumend gegen die Tür getreten, hätte ich dann auch die Tür aufgemacht und hätte demjenigen mit einem Gürtel eins übergebraten, damit er durch den Schock wenigstens für einen Augenblick mit der Toberei aufhört und hört, wenn ich ihm ins Gesicht zische, dass ich ihn, wenn er sich nicht benehme, so was von auf die Straße setzen werde, dort, in der Gosse, könne er diesen Zirkus meinetwegen veranstalten, aber nicht hier!“
Man ist schwer versucht, Muna zu packen, zu schütteln, möchte Magnus mit einem kräftigen Tritt mindestens bis zum Mond befördern, um Muna, in deren Kopf man durch durchgestrichene oder in Klammern gesetzte Sätze direkt steckt, aus dieser Beziehung zu reißen. Diese kluge, ehrgeizige und lebenshungrige und schöne junge Frau …
Terézia Mora hat mit Muna eine Figur geschaffen, die ich so schnell nicht vergessen werde.
Sie hat mir ein ausgesprochen beklemmendes Leseerlebnis beschert, das ich aber trotzdem uneingeschränkt empfehlen kann – ein großartiger Text! #leseempfehlung #shortlistlesen
Dem Verlag, @luchterhand_verlag, und dem @team.bloggerportal danke ich sehr für das #Leseexemplar.
Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen
Von: buchkati
Von: notwithoutmybooks
Von: Baharsgram
Von: Martina Weiss
Von: VonnyS
Von: _leserin_
Von: meinding.blog
Von: Betty Literatur
Von: Buecherseele 79
Von: Christiane Fi/hamburger.lesemaus
Von: Bjoernandbooks
Von: Buchlesenliebe
Von: Janina
Von: Maesli
Von: @take-along.a.book
Von: Ilse
Von: floskel
Von: Blütenhonig
Von: Sylvia Hertel / cybergirl
Von: Frederike Köhl für denkbar.net
Von: Literaturentochter
Von: zeilen___traeumerin
Von: Sarah Kolbe @litera.tur.risch
Von: the_reading.redhead
Von: Zeilentaenzer
Von: @joy_buecherliebe
Von: Aygen_Ekici
Von: Stillesen
Von: ins_lebenlesen
Von: Iris Schneider
Von: Raboke
Von: jensis_leseecke
Von: siralexfelixson
Von: Angela Busch
Von: MarieOn
Von: Stines Lesereise
Von: Lenaliebtlesen
Von: @buch.und.buehne
Von: annikaliest
Von: Lust auf Literatur
Von: Bookfeminist
Von: @nicolekleber
Von: karo_liest
Von: YukBook
Von: Rabiata
Von: Betty Literatur