Pink Elephant von Luca Kieser

Luca Kieser Pink Elephant

»Ebenso gekonnt wie behutsam ... Diese Geschichte ist ein Aufreger, aber im allerbesten Sinne.« SWR Kultur

Alles beginnt mit einer Kopfnuss. Während Deutschland bei der WM 2006 von seinem Sommermärchen träumt, findet der vierzehnjährige Vincent in denen, die ihn verprügelt haben, neue Freunde. Bald schon nennt er sie Brüder, raucht mit ihnen Shisha, hängt auf der Straße ab – und hockt doch jeden Abend wieder im Einfamilienhaus seiner Eltern. Als es ernst wird, muss er feststellen, dass bisher alles nur ein Spiel war. Zumindest für ihn. Während er sich Bräunungscreme ins Gesicht schmiert, fällt Ali nach einem Sprung aus dem Fenster ins Koma, Tarek ist nicht mehr zu erreichen – und eine Realität schlägt zu, in der es Probleme gibt, die Vincent sich bisher nicht vorstellen konnte.



Luca Kieser, der im vergangenen Jahr mit seinem Debütroman Weil da war etwas im Wasser für den Deutschen Buchpreis nominiert war, erzählt in seinem zweiten Roman eine rasante, eindringliche Geschichte über Freundschaft, Zugehörigkeit und die oft unsichtbaren Grenzen, die unsere Gesellschaft durchziehen.

»Kieser (legt) mit schonungslosem Blick die Kluft zwischen den Welten offen, in denen Jugendliche leben können, und offenbart die schmerzhaften Konsequenzen, die diese Unterschiede mit sich bringen.« Galore

»Luca Kieser ist mehr als nur ein Talent.« Franzobel

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Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: MarieOn

    Vincent lebt mit seinen Eltern in dem Einfamilienhaus in der Neubausiedlung. Sein Vater ist Gastroenterologe, seine Mutter unterstützt einen Kommunalpolitiker, der Vincent nicht abgeht. Sein Leben wäre durchschnittlich weitergelaufen, wenn nicht der Tag gewesen wäre, als Ali und Tarek ihn anrempelten, ihn Bleichgesicht und Mayonnaise nannten. Am Ende findet Vince sich mit blutender Nase auf der Polizeiwache wieder, wo er eine Aussage macht, die in einer Strafanzeige mündet, die er gar nicht stellen wollte. Seine Eltern holen ihn ab, Ali und Tarek müssen etwas länger bleiben. Zuhause angekommen, klingelt das Telefon, Vince nimmt ab und hört die Stimme eines Mannes, die ihm sagt, er sei Tareks Vater und dass sein Sohn Vince nicht mehr schlagen werde und wenn doch, solle er ihn anrufen. Er diktiert Vince seine Nummer. Vince richtet, wie verlangt die Grüße an seine Eltern aus. Sein Vater schnaubt: So einfach kommen mir die kleinen Paschas nicht davon. S. 39 Alis Vater ist in Holland, was egal ist, denn der ist abgehauen, als Ali drei war. Seiner Mutter kann er nicht beichten, was ihm jeden Tag passiert, weil sie daran zerbrechen würde, also macht Ali, der eigentlich Alexander heißt, weil er nur ein halber Araber ist, das mit sich aus. Tarek ist ein hundert Prozent Araber und kommt aus Syrien. Sein Vater fährt nachts Taxi, die Mutter putzt und unterrichtet Arabisch in der VHS. Seine Schwester Tahira streitet jeden Morgen mit ihm um den Badezimmerspiegel. Vince wäre auch lieber Araber statt Deutscher, deshalb schmiert er sich Bräunungscreme ins Gesicht, die seine Haut orange färbt. Deswegen lachen Ali und Tarek sich beim Opfer-Täter-Ausgleich auch halb tot, als sie die orange Kartoffel sehen. Die drei kommen sich näher und freunden sich zunehmend an. Vinces Leben gewinnt an Tempo und er hat nicht vor zu bremsen, bis Ali nach einer langen Nacht ins Koma fällt. Fazit: Luca Kieser hat eine gut durchdachte Geschichte geschaffen. Sein Protagonist Vince ist ein privilegierter Weißer aus gutem Hause. Statt auf dem Gymnasium landet er auf der Gesamtschule mit hohem Anteil junger Menschen, deren Eltern trotz vieler Arbeit ein geringes Einkommen haben, teils mit Migrationshintergrund und entsprechenden Traumen. Die Jugendlichen wollen dennoch dazugehören und überbieten sich mit Diebstählen und Gruppenbildung. Während Vince sich anfreundet, erlebt er seine Eltern, Lehrer und die Behörden als fremdenfeindlich. Er lernt die Eltern von Ali und Tarek kennen und bekommt einen Blick auf die Schwierigkeiten. Ich mag die Idee sehr, wie der Autor den Alltagsrassismus und die Vorbehalte der Erwachsenen aus Sicht Vincents beleuchtet. Nicht ganz einfach fand ich, dass die Geschichte nicht chronologisch erzählt wird. Der Autor lässt seinen Protagonisten vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen. Die Geschichte ist aber so spannend und unterhaltsam erzählt, dass ich am Ball geblieben bin und am Ende miterleben durfte, wie sich der Kreis schließt. Tatsächlich geht es um Freundschaft, Zugehörigkeit und auch um sexuelle Identität. Eine durch und durch jugendliche Geschichte, die ernste Themen transportiert. Lesenswert!
  • Von: Dirk Hoffmann

    Der aus Tübingen stammende Luca Kieser, der sowohl Ethik und Philosophie als auch Sprachkunst studierte, zählt fraglos zu den vielversprechenden Talenten unter den deutschsprachigen Autoren, landete doch bereits sein 2023 veröffentlichtes Romandebüt „Weil da war etwas im Wasser“ auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Nun legt er mit dem Coming-of-Age-Roman „Pink Elephant“ nach, haderte allerdings zunächst mit seinem Ansatz, als weißer Schriftsteller eine Geschichte über die Freundschaft zwischen einem deutschen Jungen aus der Mittelschicht und zwei Jungen mit Migrationshintergrund zu erzählen. Vincent stammt aus einer klassischen Mittelschichtsfamilie, der Vater Arzt, die Mutter Assistentin eines Landtagsabgeordneten mit Ambitionen zum Oberbürgermeister. Doch statt mit Gleichaltrigen seines Schlages in Tübingen abzuhängen, freundet sich Vince während der Fußball-WM in Deutschland im Jahr 2006 mit Ali und Tarek an. Die Faszination für die für viele fremdartige Kultur begnügt sich nicht mit Postern von Bushido und Tupac in seinem Zimmer, Vincent probiert auch verschiedene Mittel aus, seine allzu weiße Haut zu bräunen. Seine Eltern haben dafür wenig Verständnis, können aber wenig dagegen tun, dass ihr Sohn sogar die Schule schwänzt, um mit seinen neuen Freunden Shisha zu rauchen, Wodka zu klauen, Döner abzustauben oder einfach nur Playstation zu zocken. Als sich Ali verzweifelt aus dem Fenster stürzt, weil er dem durch den älteren „O“ ausgeübten Druck nicht mehr gewachsen ist, und schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird, muss sich Vincent entscheiden, welche Weichen er für sein weiteres Leben stellt… „Es gab Witze, die ich nicht verstand. Und es gab Witze, die ich nicht verstehen konnte. Hier wusste ich jetzt nicht, worüber sie lachten, keiner von den dreien war Türke – mein Blick rutschte die Beine hinab, und das Logo meiner Schuhe leuchtete zu mir herauf. Es kam mir auf einmal vor wie ein Zeichen dafür, dass ich von nichts eine Ahnung hatte.“ (S. 232) Mit „Pink Elephant“ liefert Luca Kieser definitiv einen etwas anderen Coming-of-Age-Roman ab, denn Teenager-Freundschaften zwischen „weißen“ Deutschen und Teenagern mit Migrationshintergrund finden in der deutschsprachigen Literatur kaum statt. Die heimische Fußball-WM von 2006 gibt den dabei nicht nur den zeitlichen Rahmen der Geschichte vor, sondern fungiert mit den Spielen der Gruppenphase und den K.O.-Spielen auch als Orientierung für die Punkte auf der Timeline, wenn die Zeitebenen fast unmerklich wechseln. Aber auch Alis Fenstersturz sorgt für die zeitliche Einordnung der Handlung, die sich grob in die Zeit vor Alis Verzweiflungstat und in die danach einteilen lässt. Kieser setzt sich dabei kaum mit dem elterlichen Umfeld der drei Freunde auseinander, hier müssen Eckpunkte zu ihrem beruflichen Umfeld reichen, so sehr ist der kompakte Roman auf Vincent, Tarek und Ali fixiert. Und auch hier bekommt die Leserschaft nur ungefähre Einblicke in das Seelenleben der Figuren. Das erschließt sich eher aus der Handlung, den immer wieder eingestreuten Zitaten aus Songs von Eko Fresh, Summer Cem, Azad, Massiv und natürlich Bushido, die als thematisches Leitmotiv gelten dürfen. Es ist nicht leicht für Vincent, sich im Spannungsfeld zwischen Seinesgleichen auf der einen und Ali und Tarek auf der anderen Seite zu finden und zu behaupten. Natürlich spielen hier spießbürgerliche Traditionen und rassistische Ressentiments eine Rolle, wobei Kieser nicht davor gefeit ist, einige Klischees zu bedienen. Echte Tiefe gewinnen seine jugendlichen Protagonisten nämlich nicht. Auf der anderen Seite stellt „Pink Elephant“ ein authentisch wirkendes Abbild der multikulturellen Lebenswirklichkeit nicht nur von „weißen“ deutschen Teenagern dar und überzeugt durch eine lebendige, mitreißende Sprache.
  • Von: Milly

    Erstes Mal rauchen, Eltern-Kind-Konflikte und Schule schwänzen: Pink Elephant versetzt einen schmunzelnd in die eigene Jugend zurück! Was die Geschichte von anderen Coming-of-Age-Romanen unterscheidet: Hier sind die großen Helden Ali, Tarek und Vincent – Jugendliche, die in unserer Gesellschaft nicht immer die große Bühne bekommen oder oft nicht verstanden werden (wollen). In Pink Elephant erzählen sie uns von Freundschaft, dem Fehlermachen und Fehlerlösen. Was erfrischt: Kiesers schlaue, nie lehrerhafte Rassismus-Analysen. Sensibel und extrem spannend!
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