Terafik von Nilufar Karkhiran Khozani

Nilufar Karkhiran Khozani Terafik

Es ist Nilufars erste Reise nach Iran und in eine ihr unbekannte Familie – die Familie ihres Vaters, der sie verlassen hat, als sie noch ein junges Mädchen war, und zurück in seine Heimat gegangen ist. Dort trifft sie auf neue Gesichter, die alle ihre Wunden und Sehnsüchte haben, und eine Gesellschaft voller Gegensätze. Nilufar lernt ein Leben kennen, das hätte ihres sein können, und einen Vater, der ihr immer dann ausweicht, wenn sie ihm nahekommt. Umgeben vom Chaos der ständig fließenden Hauptstadt Teheran und der wohlmeinenden Gastfreundschaft ihrer Verwandten entblättert Nilufar Schicht um Schicht die Zerrissenheit eines Landes, ihrer Familie und ihrer eigenen Identität.

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Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: Alice

    "Irgendwann fahren wir in die Stadt rein, der Tag bricht an, die Menschen werden gerade wach. Ich könnte sie alle sein." - Nilufar reist zum ersten Mal in das Land ihres Vaters, den Iran. Ein Land, dessen Sprache sie kaum spricht und von dem sie eine durch Erzählungen, Romane und Nachrichten geformte Vorstellung hat. Ein Land, das zerrissen ist, dessen Bewohner sich nach dem Westen sehnen, sich aber nicht komplett von den politisch vorgegebenen Regeln und Traditionen lösen können. Nilufar ist auch zerrissen, sie sitzt zwischen den Stühlen, in Deutschland ist sie das Ausländerkind mit dem komischen Namen, im Iran ist sie die Ausländerin, die nicht die Sprache beherrscht und nicht allein das Haus verlassen darf. Sie schildert dieses Fremdsein sehr nachvollziehbar und zeichnet ein detailliertes Bild des Irans, ihrer persönlichen Eindrücke und der Erfahrungen, die sie dort macht. Sie stellt sich immer wieder die Frage, wie ein Leben im Iran für sie aussehen könnte. Wie sie in diese Gesellschaft passen könnte. Ob sie ein anderes Verhältnis zur Heimat ihres Vaters hätte, wenn ihre Mutter nicht die vor Jahren geplante Reise abgesagt hätte. Oder wenn ihr Vater nach der Trennung der Eltern nicht in den Iran zurückgegangen wäre. Manchmal fehlte der Erzählung die Stringenz, einige Kapitel waren weniger gelungen, dadurch wurde es schwer vor allem die rückblickenden Erzählungen nachzuvollziehen. An manchen Stellen ist das Buch etwas überfrachtet, man verliert den Überblick zwischen den ganzen Namen. Diesbezüglich wäre es vielleicht hilfreich gewesen, wenn sich die Charaktere mehr entwickelten hätten. Insgesamt ein sehr berührendes Buch, das nicht nur einen Einblick in den Iran gibt, sondern auch zeigt, welche Probleme es in der deutschen Gesellschaft auch heute noch für Menschen mit einem anderen Namen oder Aussehen gibt. Selbst wenn sie unsere Sprache akzentfrei sprechen.
  • Von: Literaturentochter

    »»Wann kommst du endlich nach Iran?«, hatte mein Vater immer am Telefon gefragt. »Ich weiß es nicht, wenn ich mit meinen Prüfungen fertig bin, irgendwann.« Ich hatte immer gerade Prüfungen. Eigentlich hatte ich es nie wirklich vor. Mein Leben lang hatte mich meine Mutter davor gewarnt, in »so ein Land« zu reisen« (S. 10). Und dann wird aus diesem irgendwann ein jetzt – Ich-Erzählerin Nilufar reist 2016 in den Iran. Ein für sie unbekanntes Land, mit ihr unbekannten Familienmitgliedern. Sie kommt mit vielen offenen Fragen ins Land und erhofft sich Antworten, doch diese fallen fast schon erdrückend oberflächlich aus. Alle Versuche ein Gespräch zu vertiefen gelingen nicht. Die Kommunikation gestaltet sich als kompliziert, Geheimnisse bleiben und durch die herrschenden Regeln im Iran, mit denen sich die Autorin nicht identifizieren kann, findet ihr Wunsch nach Zugehörigkeit und Identitätsfindung keine Erfüllung. Der Roman beginnt mit einem zeitlichen Rückblick, in der die Leserschaft Koshrow (Nilufars Vater) im Jahre 1989 in Deutschland begleitet. Innerhalb der Lektüre kommt es immer wieder zu Szenen aus der Vergangenheit, in der Koshrow eine Rolle spielt. Dadurch wird der Wunsch nach einer Intensivierung einer Tochter-Vater-Beziehung deutlich. Nilufars Mutter findet sich im Roman kaum wieder und bleibt somit eine Unbekannte. Nach der Rückkehr aus dem Iran hätte ich mir mehr Reflexion über die Erlebnisse und Eindrücke gewünscht. Das Buch endet mir hier zu abrupt. Vor der Reise und teils auch während des Aufenthalts im Iran lässt uns Protagonistin Nilufar an ihren inneren Dialogen teilhaben, auch durch die Kommunikation zu ihrer Partnerin Alex wird ihr emotionales Erleben deutlich. Die Gespräche zwischen ihr und Alex werden jedoch immer seltener. Woran das liegt, bleibt im Verborgenen. Im Mittelpunkt der Handlung landet dadurch immer wieder Koshrow, der aber selbst in Bezug auf die Gegenwart verschlossen wirkt und lieber Geschichten aus der Vergangenheit preis gibt – über sein berufliches Scheitern in Deutschland und die Rückkehr in den Iran. Je mehr ich in diesem Buch gelesen habe, desto mehr wird die Zerrissenheit von Nilufar deutlich. In Deutschland erfährt sie Alltagsrassismus, nicht nur von Fremden, sondern auch unterschwellig durch die eigene Partnerin. Im Iran ist die Protagonistin unsicher, weiß nicht, wie sie sich im öffentlichen Raum geben soll. Gleichzeitig kann sie sich nicht vollkommen ihrer gastfreundlichen Verwandtschaft öffnen, ihre romantische Beziehung zu einer Frau bleibt ein Tabuthema. Die Sprache in diesem Roman ist oftmals lyrisch angehaucht, das Erleben wird greifbar und gleichzeitig bleibe ich am Ende mit offenen Fragen zurück. CN: Rassismus, Unterdrückung.
  • Von: Lust auf Literatur

    „Terafik“ ist der erste Roman von Nilfur Karkhiran Khozani und er ist autobiografisch. Für mich ist er ein niederschwelliger Einblick in eine iranische Familie und in ein zerrissenes Land. Gleichzeitig ist er das berührende Porträt einer schwierigen Vater-Tochter Beziehung. Nilufar ist in Deutschland geboren. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater Iraner, der jedoch die Familie früh verlassen hat, um wieder in Iran zu leben. Seitdem hat Nilufar wenig Kontakt zu ihm oder zu dem persischen Teil ihrer Identität. Für andere ist Nilufar das „Ausländerkind“ und sie ist struktureller Diskriminierung ausgesetzt. Subtiler Rassismus ist Teil von Nilufars Alltags. Obwohl sie sich eindeutig in Deutschland verortet, struggelt sie mit ihrer Zugehörigkeit und ihrer Identität. Es wird Zeit für einen Besuch bei ihrem Vater in Iran und Zeit, diesen Teil ihrer Familie und ihrer Herkunft kennenzulernen. Ich entdecke mit Nilufar ein Land der Gegensätze, voller Geschichte und Kultur, voller Gastfreundschaft und Familiensinn, aber auch voller Einschränkungen und großer Fremdbestimmung, vor allem für Frauen. Ich mag, wie Khozani in der Vater-Tochter Konstellation deutlich macht, wie beide trotz aller Unterschiede versuchen ein Verständnis füreinander zu entwickeln und eine Verbindung herzustellen. In rückblickende Einschüben kann ich aus Khosrows Sicht lesen, warum er Deutschland und somit seine Tochter, damals verlassen hat. Der rote Faden, der sich durch das Buch zieht, ist die stetige Ausgrenzung und das Gefühl der Nicht-Anerkennung, der Heimatlosigkeit, die sowohl Nilufar und ihren Vater in Deutschland zu spüren bekommen. Die Erfahrungen der Erzählerin authentisch geschrieben und für mich besonders auf emotionaler Ebene nachvollziehbar. Die Schilderungen und Einblicke in die Lebensrealität von Nilufars iranischer Familie bleiben sehr auf individuellem Niveau und geben mehr persönliche Eindrücke wieder, als dass sie politisch oder gesellschaftlich kritisieren. Einige Passagen empfinde ich zudem als ungeschickt ausgearbeitet und in der Vielzahl der beschriebenen Familienmitgliedern und Geschichten geht leider die Wertigkeit der einzelnen für mich etwas verloren. Ich bin dankbar für die Eindrücke aus diesem mir fremden Land und würde zwar „Terafik“ nicht als Highlight bezeichnen, aber als autobiografischen Roman, den ich gerne gelesen habe.
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