Dawn Edelstein war einst vielversprechende Ägyptologie-Doktorandin, und 3 Semester war sie bei Grabungen in Ägypten beschäftigt. Hier traf sie auf Wyatt, ebenfalls Ägyptologe, und die erste grosse Liebe ihres Lebens. Aber wie das Leben so spielt, Dawns Mutter in der Heimat lag im Sterben, Dawn musste sich um ihren kleinen Bruder kümmern, das Studium abbrechen und schlug einen ganz anderen Lebensweg ein. Ohne Wyatt. Dafür mit Brian, dem Quantenphysiker, der sie in ihren schwersten Stunden unterstützt hat und ihr Fels in der Brandung war. Jetzt ist Dawn um die 40 und Sterbe-Doula, ein Job, der sie ausfüllt, und der sie zu Win führt. Win hat sie als Sterbebegleiterin engagiert, und schon bald verbindet die beiden Frauen auch eine Freundschaft, und durch Win stellt sich auch Dawn immer öfter die Frage, was wäre, wenn alles ganz anders gelaufen wäre? Und so macht sie sich auf und sucht Antworten in Ägypten.
Spannender Ausgangspunkt für einen Roman, finde ich. Und bevor ich jetzt noch weiter darauf eingehe, kommt jetzt hier ein fetter Kritikpunkt an den Verlag: der Klappentext stimmt nämlich nicht mit dem Inhalt des Buches überein. Hier heisst es nämlich, dass Dawn knapp einen Flugzeugabsturz überlebt, und als Folge dessen sich die „Was wäre wenn“ – Fragen stellt und kurzentschlossen sich auf den Weg macht, Wyatt am anderen Ende der Welt zu finden. Das wäre auch ein interessanter Ansatz gewesen, allein, das hat die Autorin anders geplottet. Besagten Flugzeugabsturz gibt es in dem Roman tatsächlich, aber erst ganz am Ende aller Geschehnisse. Das finde ich ehrlich gesagt etwas doof, wenn der Klappentext so offensichtlich von jemand verfasst wurde, der den Roman gar nicht gelesen hat.
Abgesehen davon – und jetzt zitiere ich den Teil des Klappentextes, der stimmt: Es geht in diesem Buch um folgende Fragen: „Was ist uns wichtig, mit wem wollen wir leben und sterben? Und ist es möglich – und akzeptabel – Entscheidungen zu revidieren und einen anderen weg zu wählen?“
Also wirklich spannende Fragestellungen, und ich bin da mit 50 Jahren voll in der Zielgruppe für derlei Überlegungen. Als Sterbebegleiterin hat Dawn natürlich auch den passenden Beruf für diese Geschichte, und wenn Dawn mit ihren Klienten über die wichtigen Dinge, die am Ende übrig bleiben, sinniert, dann ist das natürlich für uns als Leser auch echt interessant.
Die Geschichte wird abwechselnd aus verschiedenen zeitlichen Perspektiven erzählt, wir wechseln hier vom Kairo aus Dawns und Wyatts Studienzeiten zum Ägypten des heute, wenn die beiden sich wieder treffen, und dann wird nebenbei auch Dawns und Brians Geschichte aufgerollt. Es wird dem Leser dabei ein bisschen was abverlangt, denn manchmal sind so die Zeit- und Ländersprünge etwas arg willkürlich gesetzt, aber zumindest sind die Kapitel entsprechend benannt, damit man sich zurecht findet.
Ich mochte die Grundidee der Geschichte sehr gerne, und ich bin erklärter Fan der Autorin, ich habe bestimmt fast alles von ihr gelesen, und liebe ihren Stil, ihren nie versiegenden Einfallsreichtum, was neue aussergewöhnliche Stoffe angeht, und habe jetzt das Luxusproblem, dass mich genau dieser Roman nicht so wirklich gepackt hat. Luxusproblem deshalb, denn die Dame kann wirklich gut schreiben und ihre Bücher sind immer extrem gut recherchiert. Bei diesem hier beispielsweise habe ich nebenbei eine Menge über die ägyptische Kultur und archäologische Grabungen gelernt, das war echt interessant. Aber hier hat mich zum einen dieses etwas holprige durch-die-Zeiten-und-Erzählstränge-springen gestresst, und dann bin ich mit den Protagonisten nicht so wirklich warm geworden. Dawn hätte ich manchmal schütteln können. Die Frau weiss nicht, was sie will. Erklärt permanent, sie müsse sich selbst finden und treu bleiben, und kann aber keinerlei Entscheidungen treffen. Die Dame kriegt die Liebe auf dem Silbertablett serviert und kann damit nicht umgehen. Ich hab mir ein paar Mal gedacht, liebe Dawn, dein Problem liegt woanders, aber nicht in vertanen Chancen der Vergangenheit. Und mit Brian und Wyatt – naja, die waren für mich irgendwann auch nicht mehr „echt“, so wie sie alle Tänzchen von Dawn mitgemacht haben. Ich meine ernsthaft: (jetzt Achtung, Spoiler!) man stelle sich vor, man begibt sich auf einen Trip in die Vergangenheit zur ersten grossen Liebe, und dann sitzen Mann Nr. 1 und der aktuelle Gatte entspannt zusammen am Tisch und spielen Karten mit der Tochter? Ich kann den meinigen hier beim besten Willen nicht visualisieren 😉 . Schade.
Ich habe den Roman trotzdem gut bis zum Ende gelesen, also nicht zu sehr davon abschrecken lassen: Ms Picoult versteht ihr Handwerk, aber mich hat Dawn irgendwann genervt, und das ist schlecht.
So bin ich ein wenig hilflos in meiner abverlangten Sternebewertung und gebe 3,5 von 5 möglichen Punkten.
Vielen lieben Dank an das Bloggerportal des Randomhouses für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!
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