Shatter Me ist der erste Band der dystopischen Jugendbuch-Reihe der jungen Amerikanerin Tahereh Mafi. Wobei man wahrscheinlich eine Einschränkung machen muss: Es handelt sich hier eher um eine romantische Liebesgeschichte vor dystopischem Hintergrund, denn die Dreiecksgeschichte von Juliette, Adam und Warner nimmt einen sehr großen Raum in der Handlung ein. Nicht umsonst hat die Heldin blau-grüne Augen: Adams Augen sind blau, die von Warner grün. Aber da die jeweiligen Liebesgeschichten bzw. Beziehungen für mich als Leserin nachvollziehbar sind und die Motivation der Akteure glaubwürdig geschildert wird, verzeihe ich das der Autorin sehr gern. 🙂
Das Buch war zwar das Erstlingswerk der jungen Autorin, aber sie erweist sich bereits hier als exzellente Erzählerin. Ihre Sprache ist gerade eingangs ungewöhnlich. Als wir in die Geschichte einsteigen, hat Juliette 264 Tage Einzelhaft hinter sich, wird seit vier Jahren in Anstalten und Gefängnissen gequält, ihre Seele leidet, und genau so ist auch ihre Sprache: Halbsätze, Wortfetzen, Gedankensplitter, Wiederholungen, sehr reduziert und fragmentiert. Ihre Zerrissenheit wird darüber hinaus im Roman immer wieder durch durchgestrichene Sätze kenntlich gemacht; im Hörbuch werden diese Passagen mit einem Hall versehen. Aber als Juliette Zeit mit Adam verbringt, dieser sich mit ihr unterhält und ihre Seele langsam wieder heil(er) wird, verwandelt sich auch ihre Sprache.
Mafis Metaphern gehören ebenfalls zum Besten, was mir jemals untergekommen ist. Sie zeichnet Bilder von Trauer, Einsamkeit, Verzweiflung, aber auch von Liebe, Sehnsucht und Leidenschaft, die ihresgleichen suchen und die ich so noch nirgendwo gelesen habe. Im Roman stehen Sätze, die man sich immer wieder auf der Zunge zergehen lassen möchte, die man auf Poster schreiben und an die Wand hängen möchte! Aufgrund ihrer erzwungenen Einsamkeit und Isolation empfindet Juliette einen enormen Gefühlshunger und damit alles sehr intensiv, und deshalb häufen sich diese Metaphern und die Beschreibungen auch stark. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Die Autorin wird diesen Stil in zukünftigen Romanen wahrscheinlich noch ändern, weil manchmal weniger eben mehr ist, aber da ihre Bilder teilweise so ungewöhnlich waren, empfand ich dies meist nicht als störend.
Der eigentliche Plot ist weniger innovativ. Dystopien mit Love Triangles haben seit Jahren Hochkonjunktur. Vor diesem Hintergrund ist die Welt von Mafis Trilogie nicht wirklich detailliert ausgestaltet. Man bekommt zwar einen kleinen Überblick darüber, was zum Scheitern der (Welt-)Gesellschaft geführt hat – Extremismus, Fanatismus und natürlich auch die Zerstörung der Umwelt – und wie die (Welt-)Regierung heute grob funktioniert, aber alles andere bleibt doch recht blass. Und was Menschen mit besonderen Fähigkeiten angeht: In der heutigen Zeit begegnen wir ja durch Marvels Inhumans, die X-Men oder die Fantastischen Vier immer wieder Figuren mit besonderen Eigenschaften wie Unsichtbarkeit (Mafis Kenji bzw. Susan Storm aus den Fantastischen Vier) oder „Unberührbarkeit“ und Lebenskraft-Aussaugen (Juliette bzw. Rogue aus den X-Men). Das kann es also nicht sein, was die Begeisterung für den Roman weckt.
Für mich war – neben Sprache und Metaphern – die Zeichnung von Juliette und – Überraschung! – von Warner das Interessanteste am Roman (Letzterer wird in den Folgebänden eine deutlich größere Rolle spielen, aber es ist davon auszugehen, dass er noch wesentlich facettenreicher ist, als schon hier in Band 1 angedeutet). Juliette empfindet, wie gesagt, die Interaktion mit anderen sowie alle Ereignisse sehr intensiv. Und da sie die Ich-Erzählerin des Buches ist, bekommt der Leser alles hautnah mit und kann auch alles nachvollziehen. In diesem Eingangsband ist sie ein überwiegend schwacher, passiver Charakter, da sie ihre Fähigkeiten noch nicht ganz ausgelotet und in den Griff bekommen hat – aber wenn sie sich erst einmal bewusst ist, wie stark sie in jeder Hinsicht wirklich ist, dann dürfen wir uns auf einiges gefasst machen.
In Adam begegnet sie darüber hinaus zum ersten Mal jemandem, auf den ihre Kräfte scheinbar keine Wirkung haben. Kein Wunder also, dass sie sich sofort zu ihm hingezogen fühlt – menschlich, aber auch körperlich. Das ist vielleicht auch der Grund, warum die Figur des Adam bzw. die Beziehung zu ihm relativ blass bleibt; alles ist sehr vorhersehbar. Wenn man ihm im Roman zum ersten Mal begegnet, weiß man sofort, dass dies der Love Interest der Protagonistin sein wird. Darüber hinaus ist der junge Soldat schlicht zu eindimensional und zu perfekt, um wirklich interessant zu sein. Sorry …
Im Gegensatz zu Warner. Bei diesem handelt es sich um den Gegenspieler der Protagonisten, den Herrn über Sektor 45, der Juliette gefangen hält und sich ihre Kraft zunutze machen will. Ein eiskalter Psychopath, unglaublich gutaussehend, mit blonden Haaren und leuchtend grünen Augen. Der Leser hasst ihn genauso leidenschaftlich, wie Juliette es tut, als er sie aus der Isolation holt, sie Versuchen unterzieht und ihr von seinen (vermeintlichen) Plänen erzählt. Aber immer wieder blitzt durch, dass vielleicht doch nicht alles so ist, wie es scheint. Dass ihn mit Juliette doch mehr verbindet als ihre Nützlichkeit für seine Sache. Und so hofft der Leser nach Juliettes und Adams Flucht, dass dieser angebliche Psychopath uns in der Romanreihe nicht das letzte Mal begegnet ist. Wenn ihr wie ich eine Schwäche für den Bad Boy der Geschichte habt, werdet ihr sicher auch #TeamWarner sein.
Was übrigens dieses Buch bzw. diese Reihe von anderen dystopischen Serien für Young Adults oder All Ager unterscheidet, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe: Während Love Triangles sehr beliebt sind bzw. die Liebesgeschichte zwischen Protagonistin und Protagonist einfach ein Muss ist, schaffen es den meisten Autoren und Autorinnen nicht, mich die Zuneigung der Figuren zueinander wirklich nachvollziehen bzw. empfinden zu lassen. Sie beschreiben zwar, dass sich zwei Figuren lieben, aber oftmals gelingt es mir nicht, dies emotional wirklich nachzuempfinden. Doch bei Tahereh Mafi prickelt es ohne Ende. Hier weiß ich und kann auch wirklich nachvollziehen, wie die Figuren füreinander empfinden.
Über das Hörbuch
Gelesen wird das Hörbuch von Leonida Landa (*1994). Diese stand bereits mit acht Jahren das erste Mal auf der Bühne und ist aus Filmproduktionen wie „Linie 102“, „Notruf Hafenkante“ und „Soko Köln“ bekannt. Auch als Synchron-, Hörspiel- und Hörbuchsprecherin ist sie sehr erfolgreich, so ist sie u. a. in „The Crown“ und „Tintenherz“ zu hören.
Ihre Stimmfarbe gefällt mir persönlich nicht, aber ich mus sagen, dass es ihr exzellent gelingt, in die unterschiedlichsten Emotionen und Figuren hineinzuschlüpfen. Wenn sie Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit etc. verändert, nehme ich ihr beim Anhören sowohl die traumatisierte Juliette ab als auch Adams zehnjährigen Bruder James oder seinen verrückten Freund Kenji.
Mein Fazit: Das beste Jugendbuch, das ich seit Langem lesen durfte! 😉 Die weiteren Bände der Reihe werde ich auf jeden Fall ebenfalls anhören!
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