Das dritte Königreich von Karl Ove Knausgård

Karl Ove Knausgård Das dritte Königreich

Etwas ist in Bewegung in der Welt, es ist, als würde sie heimgesucht – aber von was? Und warum?

Die Tage sind endlos lang in diesem Sommer in Norwegen, und die Hitze ist schier unerträglich. Die Welt scheint irgendwie still zu stehen, und als Erstem fällt dies Syvert, dem Bestatter, auf. Immer mehr Tage vergehen, ohne dass Todesfälle gemeldet werden. Wie kann das sein? Viele Fragen hat auch die neunzehnjährige Line, die sich in Valdemar, den Frontmann einer sagenumwobenen Band, verliebt. Sie wird in eine geheime, faszinierende Welt hineingezogen, die sie aber auch ängstigt und an die Grenzen des Verstehbaren bringt. Dies wiederum hat sie mit dem Polizisten Geir gemeinsam, der in einem makabren Dreifachmord ermittelt und über die vermeintlich abwegige Theorie, die er am Ende aufstellt, mit niemandem sprechen kann. Ist es letztlich die fragile Künstlerin Tove, die mehr versteht als die anderen? Sie erschafft Bilder, die von den untergründigen Strömungen aus Sexualität und Tod in den Volksmärchen inspiriert sind. Eines Tages hört sie eine Stimme, die zu ihr spricht – und ihr etwas abverlangt.



„Das dritte Königreich“ ist Teil der großangelegten Romanreihe „Der Morgenstern“, die Leser und Kritikerinnen in der ganzen Welt begeistert. Auslöser der Geschichte ist das plötzliche Auftauchen eines neuen Sterns am Himmel. Unter diesem Stern leben die Menschen ihre Leben wie früher, während sich die Welt um sie herum langsam verändert. Es geht um das, was wir nicht verstehen, um das große Drama, betrachtet durch die Linse des kleinen Lebens, und es geht darum, was geschieht, wenn die dunklen Kräfte in der Welt freigesetzt werden

Jetzt bestellen

€ 28.00 [D] inkl. MwSt. | € 28.80 [A] | CHF 37.90 * (* empf. VK-Preis)

Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: Till

    Die einzige Quelle des Buches: Die Bibel. Das klingt nicht nur nach einer Menge Pathos, es ist auch eine Menge Pathos. Durch die Erzählweise, die sich immer kurze Zeit auf eine Person fixiert, wirkt das Buch wie eine Aneinanderreihung von ersten Folgen unterschiedlicher Serien, man wird kurz unterhalten und wechselt dann das Thema. Zwar kann der Autor gut erzählen und seine Beziehungsanalysen sind spannend. Wenn er aber über naturwissenschaftliche Erkenntnisse schreibt, tut er das so umständlich und kompliziert, dass man nicht versteht, was er sagen will und sich der Eindruck aufdrängt, er selbst habe auch nicht so ganz durchdrungen, von was er da schreibt. Dann sind da noch die Sexzenen, die teilweise doch eher an schlechte Pornos erinnern. Wenn der Autor aber ins philosophieren kommt, hat man endgültig den Eindruck, hier spricht Richard-David-Precht: in wachsweichen Bildern sollen bedeutungsvollste Themen ergründet werden, aber es mag sich einfach kein Erkenntnisgewinn einstellen, auch nach hunderten Seiten nicht. Es wirkt so, als hätte ein Sportler nach langer Trainingspause endlich wieder den Weg ins Gym gefunden, bekommt aber jetzt seine Gewichte nicht gestemmt. Zusammengefasst sind das sechshundert Seiten okaye Unterhaltung, nicht weniger, aber leider auch nicht mehr.
  • Von: ins_lebenlesen

    Im dritten Teil seiner MORGENSTERN-Reihe knüpft Knausgard dicht an den ersten an. Fast hat man das Gefühl, als habe sich nichts verändert. Immer noch steht der neue Stern hell am Himmel. Seit ein paar Tagen ist im ganzen Land niemand mehr gestorben. Was zunächst wie ein Zufall scheint, kann mit jedem weiteren Tag immer weniger einer bleiben. Hat es mit dem Stern zu tun? Hat sich das Totenreich geöffnet? Es beginnt mit Tove. Einer Psychose. Einem Haus am Meer, wo die manisch-depressive Künstlerin mit ihrer Familie den Sommer verbringt. An einem dunstigen Morgen streift Tove schlaflos im Zwiegespräch mit einer bedrohlichen inneren Stimme durch die norwegische Landschaft. Ist es die Ankündigung einer neuen Psychose? Oder ist SIE vielleicht die Einzige, die spürt, dass die Welt aus den Fugen gerät? Kapitel für Kapitel reiht Knausgard seine Ich-ErzählerInnen auf. Die Pfarrerin Kathrine, die an Gott zweifelt, ihr Ehemann Gaute, der sich in ein Gefängnis aus Wut und Eifersucht einschließt, die Teenagerin Line, die sich in den (rechten?) Black-Metal-Sänger Valdemar verliebt, oder der Kommissar, der einen grausamen Dreifach-Mord aufklärt und ein Doppelleben führt. Die Vielstimmigkeit dieses Romans beleuchtet multiperspektivisch die dunklen Ecken der modernen Gesellschaft. Aus den Stimmen wird ein Kanon, der den Versuch wagt, eine Wahrheit einzukreisen. Doch welche? Was ist mit der Wahrheit, die im Unbewussten liegt? Und was ist Bewusstsein? Vielleicht verrät es die verstörende Ich-Perspektive eines Hirntoten, der nach allen medizinischen Erkenntnissen frei von Bewusstsein sein müsste. Sie alle sind einsam in ihren Welten, in ihren inneren Gefängnissen und doch verbunden, zumindest darin, dass sie den Bezug zu etwas verloren haben. Zur Natur. Zum Ursprünglichen, zu ihrer Intuition. Wozu auch immer. Offene Enden und unbeantwortete Fragen bleiben genug. Aber wir haben ja Zeit. Noch vier Bände. Manche hier stellten fest, dass ihnen der rote Faden fehlen würde. Ich sehe ihn unter der Oberfläche. Er wird durch die Präsenz des Morgensterns gegenwärtig und im Umkreisen der großen Fragen von Sein und Nichtsein, Gedanken und Bewusstsein, Gut und Böse, Glaube und Aberglaube, Leben und Tod und vor allem dem Dazwischen gehalten. Knausgard ist das Kunststück gelungen, dass ich diesen dritten Band bisher für den besten halte. Auch wenn sich die Zeit nicht weiterbewegt hat, treibt er philosophisch auf höchstem Niveau sanft voran und entwickelt für mich über weite Strecken den unheimlichen Sog eines Psycho- oder Mystery-Thrillers. Wieder ist es die Detailtiefe seines lebendigen Erzählens, sind es die großen Bilder, die er malt, die pointierten Dia- und Monologe und das gesunde Maß an philosophischem und wissenschaftlichem Stoff zum Nachdenken, warum ich ihm einfach gern zuhöre. Ich weiß, dass er polarisiert. Wenn man seine opulente Erzählweise, seine Freude am Philosophieren und Abschweifen nicht mag, wird man vermutlich nicht einen der drei Bände durchhalten. Knausgard selbst sagt im Hinblick auf die angekündigten insgesamt SIEBEN: „Man muss nicht das ganze verdammte Ding lesen.“ Also macht was Ihr wollt, aber ich bleibe Fan und kann Teil 4 schon jetzt kaum erwarten.
  • Von: Fraggle

    An Karl Ove Knausgård scheiden sich, so ist jedenfalls mein Eindruck, die Geister. Für die einen schwafelt er endlos herum, die anderen halten ihn für einen begnadeten Erzähler. Ich gehöre zu den anderen. Und das, obwohl ich eigentlich noch gar nicht so viele seiner Bücher kenne. Seinerzeit unternahm ich den Versuch mit „Aus der Welt“ in sein Werk einzusteigen, allerdings addierte sich die bemerkenswerte Trostlosigkeit dieses Buches zu meiner eigenen, woraufhin die Lektüre aus simplen Selbstschutzgründen abgebrochen werden musste. Und ein Neueinstieg in Knausgårds Welten gelang mir eben erst mit der hier vorliegenden „Morgenstern“-Reihe. Die allerdings hat mich von Beginn an begeistert, weswegen ich halt zu den eben erwähnten anderen gehöre. Der dritte Teil der Reihe lässt mich jedoch ein wenig ratlos zurück, muss ich zugeben. Dabei hat der Roman viele positive Aspekte, die es unbedingt hervorzuheben gilt. Dazu gehört ganz zuvorderst, so banal das klingen mag, seine Länge. Oder besser: seine Kürze. Denn während die ersten beiden Teile noch mit knapp 900 und etwas über 1.000 Seiten daherkamen, gelingt es Knausgård ausnahmsweise, seine Gedanken auf „nur“ 656 Seiten zu komprimieren. Das erreicht er dadurch, dass er sich in dieser Fortsetzung auf das beschränkt, was er eigentlich mit der Reihe ausdrücken will – dazu gleich mehr – und dass er zu diesem Zweck eben auf die in den ersten beiden Teilen noch enthaltenen, erzählerischen Spielereien verzichtet, in denen man schon mal auf ein ewig langes, als gänzlich außerhalb des sonstigen Textes liegend empfundenes Essay über das Leben, das Universum und den ganzen Rest – nicht das Buch! – treffen konnte, das in der typischen Knausgårdschen Weise trotzdem faszinierend zu lesen war, oder auf verwirrende Sequenzen, in denen im Koma liegende Figuren des Romans eine bizarre Geisterwelt betreten, die natürlich trotzdem ebenfalls faszinierend zu lesen waren. Im dritten Teil hält sich der Norweger jedoch nicht mit solch, mit Verlaub, erzählerischem Tand auf und konzentriert sich – so weit jemanden mit einer solch weitschweifigen Erzählweise das eben möglich ist – auf die Intention der Reihe. Und diese ist ein weiterer Pluspunkt. Denn wenn ich mich richtig erinnere, wollte Knausgård mit seinem Mehrteiler verdeutlichen, wie unterschiedlich dieselben Ereignisse von verschiedenen Personen wahrgenommen und interpretiert werden können. Wie beschränkt der einzelne Mensch in seinen Möglichkeiten ist, die Vorgänge in der Welt zu begreifen. Und dass es, so meine persönliche Interpretation, es vollkommen egal ist, wie lange und wie gut man jemanden schon kennt, man damit dann aber allenfalls in der Lage ist, zu erahnen, wie und was diese Person denkt, dass man aber dennoch nicht beurteilen kann, wie es ist, diese Person zu sein. Und die Umsetzung dieses Vorhabens ist vordergründig, das muss man zugeben, eigentlich gut gelungen, auch wenn der Ansatz dafür recht simpel erscheint. Während die Ereignisse der ersten beiden Teile aus der Sicht einer Fülle von Personen geschildert wurden, rückt Knausgård im dritten Teil Charaktere in den Mittelpunkt, die in den ersten beiden Teilen primär am Rande Beachtung fanden, beispielsweise als Ehefrau oder Ehemann der Protagonisten aus den ersten beiden Teilen. Dazu setzt der Autor inhaltlich vieles auf null und erzählt bereits Geschehenes im Prinzip nochmal, nur eben aus der Sicht der Figuren, die bisher nicht zu Wort kommen. Als Beispiel sei hier mal Arne genannt. Gleich zu Beginn des ersten Buches der Reihe treffen wir auf Arne, der mit seiner Frau Tove und den drei gemeinsamen Kindern Urlaub an einem Fjord macht. Und zu Beginn von „Das dritte Königreich“ treffen wir eben auf Tove, die mit ihrem Mann Arne und den drei gemeinsamen Kindern Urlaub an einem Fjord macht. Haben wir im ersten Teil diesen Urlaub aus der Sicht von Arne vermittelt bekommen, so erhalten wir eben jetzt die Sichtweise von Tove. Das mag vielleicht ein bisschen so klingen wie „Fifty Shades of Grey 4.0 – Jetzt aus der Sicht des Milchmanns“, aber es hat was. Und es ist eben exakt das, was Knausgård wollte. So erhalten wir, um beim erwähnten Beispiel zu bleiben, eben aus der Sicht von Arne sowie der von Tove ein schlüssiges Gesamtbild, das sehr viel mehr hergibt, als wenn es diese zusätzliche Perspektive nicht gegeben hätte. Daraus entwickelt sich nur naturgemäß leider eine gewisse inhaltliche Redundanz, die zulasten des großen Ganzen, des Handlungsrahmens an sich, geht, was mein eigentliches Problem mit dieser Fortsetzung ist. Erzählerisch ist das alles ganz großes Kino und meinetwegen hätte der dritte Teil gerne einen ähnlichen Umfang wie die Vorgänger haben können, durch das Prinzip „Ich erzähle jetzt dasselbe nochmal, nur anders“, tritt aber eben die gesamte Plotentwicklung ein wenig auf der Strecke. Dazu gesellen sich dann noch Handlungsstränge um irgendwelche satanistischen Bands, die ich selbst mit viel Wohlwollen meinerseits noch bestenfalls als hanebüchen empfunden habe. Ja, klingt skurril – man muss dabei gewesen sein. Knausgård verliert sich in meiner Wahrnehmung ein bisschen in seinem Vorhaben, und vergisst dabei, die Dynamik, vergisst, den eigentlichen Plot des Romans nennenswert voranzutreiben, was er durchaus hätte tun können, wenn er sich im Umfang des Buches an den ersten beiden Teilen orientiert hätte. Wäre diese Buchreihe ein Puzzle, so könnte man sagen, dass er bereits zahlreiche Teile einsetzt, noch bevor er den Rand fertig hat. Und ganz ehrlich, wer legt bei einem Puzzle schon so richtig los, solange er den Rand noch nicht fertig hat …!? Und so bleibt eben nach 656 Seiten für mich der Eindruck, zwar außerordentlich gut unterhalten worden, aber im Bezug auf die Handlung kein bisschen klüger geworden zu sein, als vor diesen 656 Seiten. Wer daher Freude am Lesen selbst hat, und kein Problem damit, wenn eine Erzählung einfach mal nur um ihrer selbst willen ein bisschen durch die Gegend mäandert, der kann bedenkenlos zugreifen. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass eine Lektüre des Buches wenig Sinn ergibt, wenn man die ersten beiden Teile nicht kennt. Wer diese Voraussetzung mitbringt, wird allerdings gut unterhalten. Und ich – ich warte jetzt schulterzuckend auf den vierten Teil …
Mehr laden