Die Tatsache, dass sich dieser Roman um eine Liebesgeschichte und gleichzeitig um das Ausbrechen aus dem eigenen Leben dreht, hat sofort mein Interesse geweckt. Wer wollte nicht schon einmal die eigenen vier Wände verlassen, um in die große weite Welt zu ziehen, sich zu verlieben und zu sich selbst zu finden?
Das erhofft sich auch die sechzehnjährige Brit, als sie eine Klassenfahrt nach Sylt antritt, um den altmodischen Ansichten ihrer strengen Eltern, zumindest für kurze Zeit, zu entfliehen. Auf ihrer Reise lernt sie Arne kennen, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Sie ist glücklich und fühlt sich zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich frei. Aufgrund von Schicksalsschlägen und Missverständnissen werden die beiden jedoch nach kurzer Zeit wieder voneinander getrennt und versuchen von nun an, ihren Weg fortzusetzen, um sich vielleicht eines Tages wiederzusehen.
Gisa Pauly schafft es in diesem Buch, die Abenteuerlust der Jugend, mit den veralteten Ansichten der Eltern zu vereinen. Die Erzählung beginnt im Jahr 1959, wodurch der Umbruch in der Nachkriegszeit einen wichtigen Bestandteil der Handlung darstellt. Aufgrund des detaillierten Schreibstils, fiel es mir als Leser sehr leicht, mir alles bildlich vorzustellen. Gisa Paulys Schreibweise führt zur Anregung der eigenen Kreativität und hat zur Folge, dass man sich selbst in die damalige Zeit zurückversetzt fühlt. Ich war sehr überrascht von den Ansichten von Brits Eltern, welche die ältere Generation dieser Zeit repräsentieren, und wie sehr Brit den Wunsch hat, sich von ihren Einschränkungen zu lösen.
Positiv überraschend war die Tatsache, dass sich Gisa Pauly für mehrere Perspektivenwechsel entschieden hat, sodass man nicht nur den Werdegang der Protagonistin genauestens verfolgen kann, sondern auch die Gefühle und Alltage ihrer Familie und Freunde miterlebt. Brit selbst war mir von Anfang an sympathisch, sodass ich sofort mit ihr mitfühlen konnte. Sie vollzieht im Laufe des Buches eine große Verwandlung, da sie immer wieder wichtige Entscheidungen für ihre Zukunft treffen muss, obwohl sie selbst noch so jung ist. Ihre Geschichte ist sehr bewegend, doch auch mit den anderen Figuren kann man sehr gut mitfühlen, da jeder sein ganz eigenes Päckchen zu tragen hat und versucht seinen Weg zu gehen.
Der Roman beschreibt nicht die übliche, unrealistische Liebesgeschichte, bei der jeder am Ende sein "Happy End" bekommt, sondern bleibt sehr realistisch, was das Buch, meiner Meinung nach sehr besonders macht. Generell ist das Buch geprägt von unerwarteten Wendungen, was mir persönlich sehr zugesprochen hat, da man nicht von Anfang weiß was passieren wird und die Erzählung damit immer spannend bleibt.
Nach Beendigung des Romans habe ich mich gefühlt, als hätte ich soeben ein ganzes Leben miterlebt, obwohl sich die Handlung nur über ein paar Jahre hinweg zieht. Dies liegt vermutlich daran, dass vor allem Brit eine solch große Entwicklung durchläuft und man sich fühlt, als würde man mit ihr erwachsen werden. Dies hatte jedoch auch zur Folge, dass es Momente gab, in denen ich mir mehr Details erhofft hatte, anstatt der kurzen Nacherzählungen. Hierbei beziehe ich mich vor allem auf die Zeit, welche Brit und Arne miteinander verbringen, da ich der Meinung bin, dass diese Momente sehr essentiell für die Erzählung sind. Andererseits zeigt dies wieder gut, wie wenig Zeit Brit und Arne brauchen, um sich zu verlieben, was ihre besondere Beziehung hervorhebt.
Der Roman ist meiner Meinung nach vor allem für jüngere Leserinnen geeignet, da sie oftmals mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben und durch Brits Geschichte vielleicht neuen Mut erlangen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch sehr gut die "Loslösung vom Alten", von gesellschaftlichen Ansichten und Regeln, zeigt. Brits Geschichte hat mich persönlich sehr berührt. "Fräulein Wunder" regt dazu an, selber wichtige Entscheidungen zu treffen und die ersten Schritte zu der Zukunft zu machen, die man erreichen will.
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