Wie Demokratien sterben von Steven Levitsky, Daniel Ziblatt

Steven Levitsky, Daniel Ziblatt Wie Demokratien sterben

»Das wichtigste Buch der Trump-Ära« The Economist
Ausgezeichnet mit dem NDR Kultur Sachbuchpreis als bestes Sachbuch des Jahres

Demokratien sterben mit einem Knall oder mit einem Wimmern. Der Knall, also das oft gewaltsame Ende einer Demokratie durch einen Putsch, einen Krieg oder eine Revolution, ist spektakulärer. Doch das Dahinsiechen einer Demokratie, das Sterben mit einem Wimmern, ist alltäglicher – und gefährlicher, weil die Bürger meist erst aufwachen, wenn es zu spät ist. In ihrem mehrfach preisgekrönten Bestseller zeigen die beiden Politologen Steven Levitsky und Daniel Ziblatt, woran wir erkennen, dass demokratische Institutionen und Prozesse ausgehöhlt werden. Und sie sagen, wie wir diese Entwicklung stoppen können. Denn mit gezielter Gegenwehr lässt sich die Demokratie retten – auch vom Sterbebett.

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Leserstimmen Das sagen andere LeserInnen

  • Von: Timo Brandt

    "Demokratien können nicht nur von Militärs, sondern auch von ihren gewählten Führern zu Fall gebracht werden, von Präsidenten oder Ministerpräsidenten, die eben jenen Prozess aushöhlen, der sie an die Macht gebracht hat. […] Der demokratische Rückschritt beginnt heute an der Wahlurne. […] Wenn die Zusammenbrüche von Demokratien in der Geschichte uns eines lehren, dann, dass extreme Polarisierung für Demokratien tödlich ist.” Aus dem Vorwort des Buches “So geht also die Freiheit zugrunde – mit donnerndem Applaus.” Padmé Amidala, Star Wars Episode III Wenn man popkulturelle Referenzen nicht scheut, dann könnte man die letzten 20 Jahre als palpatinische Periode bezeichnen. Viktor Orbán, Recep Tayyip Erdoğan, Wladimir Putin, Hugo Chávez und nicht zuletzt Donald Trump – dies nur die populärsten Beispiele für Staatschefs, die demokratisch gewählt wurden und danach begangen, die demokratischen Strukturen so zu schwächen oder zu verbiegen, dass sie ihren Machterhalt sichern und keine offene, pluralistische Demokratie mehr gewährleisten. Auch in Ländern, in denen noch keine Autokraten regieren, gibt es verstärkt autokratische Bewegungen. Noch ist die Welt nicht so düster wie das Titelblatt, aber wer wirklich in einer offenen Gesellschaft leben will, der hat es dieser Tage in vielen Ländern der Welt immer schwerer. Von einer Krise der Demokratie zu reden ist also angebracht, aber letztlich steckte die Demokratie schon immer in der Krise – nur weil sie das fairste und vernünftigste, ja sogar beste politische System ist, heißt das nicht, dass sie auch das einfachste ist oder das am wenigsten anfällige. Ganz im Gegenteil. Demokratien sind komplex und stets bedroht. Schon kleinste Ungleichgewichte oder kurzfristige Veränderungen können sie aus der Bahn werfen. Und die Demokratie ist zwar oft gegen Angriffe von außen, aber meist sehr schlecht gegen Angriffe von innen gewappnet. Was einmal demokratisch legitimiert ist, kann die Demokratie an empfindlichen Stellen erreichen und ihr dort schaden. “Wer nicht aus der Geschichte lernt, der ist gezwungen, sie zu wiederholen” – dieser Aphorismus könnte in fetten Lettern als Credo auf der ersten Seite dieses Buches stehen. Denn die Autoren unternehmen nicht nur eine Analyse der Gegenwart, die sich vor allem auf Trump und seine Gefahr für die amerikanische Rechtsstaatlichkeit konzentriert, sondern greifen viele anschauliche Beispiele aus der Historie auf, um zu zeigen, wie Demokratien in den letzten 100 Jahren “gestorben” sind, wie es dazu kommen konnte. Dabei werden im Akkord Nägel auf dem Kopf getroffen. Zu sagen, dieses Buch sei schlicht gut, wäre eine Untertreibung und doch könnte man es eigentlich dabei belassen: es ist schlicht ein gutes Buch, im Schreibstil, in der Argumentation, in der Anschaulichkeit. Die Autoren argumentieren keinen Moment lang ideologisch, sondern stellen lediglich fest, führen an, belegen. Sie weisen undemokratisches Verhalten nicht nur in den faschistischen Regimen der 20er, 30er und 40er Jahre oder den heute von Autokraten regierten Staaten nach, sondern auch in den US-amerikanischen Südstaaten der 1880er und 1890er Jahre und an anderen, teilweise überraschenden Orten. Das ganze Buch erarbeitet ein klares Spektrum antidemokratischer Instrumentarien und ermittelt viele alarmierende Beispiele für ihre Anwendung in unserer Zeit. Dabei ergeben sich (zumindest für mich) wie von selbst Parallelen zu anderen Erscheinungen, auch in der eigenen Demokratie. So martialisch der Titel auch klingen mag – er ist gerechtfertigt. Demokratien können sterben und wer ihre drohende Anfälligkeit nicht bemerkt oder sich nicht dagegen wehrt, sie als krank oder als angeschlagen zu betrachten, der hilft durchaus dabei sie zu töten. Donald Trump kam an die Macht, obgleich er in vielerlei Hinsicht als problematische Figur bekannt war – viel zu selten wurde er als antidemokratisch wahrgenommen und von diesem Aspekt geht die eigentliche Gefahr bei ihm aus. Wieder mal so ein Buch, das eigentlich jeder lesen sollte. Es werden wohl wieder nur die lesen, die eh schon ahnen, was auf uns zurollt. Vielleicht ist dies hier nur ein weiteres Testament. Ich hoffe, dem ist nicht so.
  • Von: warmerSommerregen

    Langsam aber sicher verwandeln sich einige Demokratien in autoritäre Staaten - und das auf ganz schleichende und daher unauffällige Art und Weise. Die Autoren Levitsky und Ziblatt versuchen in ihrem Werk, zu erklären, wie es dazu kommen kann und was dagegen unternommen werden könnte. Dabei wird auf zahlreiche Beispiele eingegangen, um ein möglichst ganzheitliches Bild zu zeichnen. Begonnen wird mit noch recht allgemeinen Beobachtungen, die das generelle Phänomen zu fassen versuchen. So setze sich Autoritarismus beispielsweise im Gegensatz zu früher nicht mehr über Putsche oder Ähnliches durch, sondern über Wahlen. Somit würden "Institutionen [...] zu politischen Waffen" (S.16). Im Anschluss daran wird immer konkreter auf einzelne Staaten oder historische Ereignisse eingegangen, was zugegebenermaßen manchmal etwas sehr ausführlich wird und das Lesen dann erschwert. Manchmal wirkte es auf mich, als hätten die Autoren - aus lauter Begeisterung für ein Unterthema - den roten Faden verloren. Sehr spannend ist der Abschnitt, in dem die vier Hauptindikatoren für autoritäres Verhalten aufgezeigt und auf politische Handlungsweisen bezogen werden (S.32,f.). Im weiteren Verlauf werden auch verschiedene Politiker auf diese Aspekte hin untersucht. Auch auf den Umgang mit Politikern, welche Demokratien gefährden, wird eingegangen. Am wichtigsten sei es, autoritäre Politiker auf demokratische Weise nicht zu viel Einfluss gewinnen zu lassen. Den Ausführungen zufolge fungieren Parteien als "Demokratiewächter", werden dieser Rolle allerdings immer seltener gerecht. Trump beispielsweise gehört zu den "Birthern", welche öffentlich anzweifelten, dass Obama in Amerika geboren sei und ihm so das Recht absprachen, Präsident zu sein. Eine Person, die bereits vor Jahren durch so geartete politische Äußerungen aufgefallen ist, hätte bereits von Anfang an von demokratischen Parteien von der Politik ferngehalten werden müssen, so die Autoren. Zudem werden die Rahmenbedingungen, um einen Präsidenten seines Amtes zu entheben, genannt. Beeindruckend ist, dass diese wesentlich geringere Hürden darstellen, als man glauben würde. Die Autoren halten jedoch fest, dass eine solche Amtsenthebung - auch beim aktuellen Präsidenten - mehr als unwahrscheinlich sei, da es zu den amerikanischen Normen gehöre, den Präsidenten im Amt zu behalten und hinter ihm zu stehen. Hier liegt auch ein weiterer, für die Autoren äußerst wichtiger, Punkt: Die stabilsten Demokratien stützen sich nicht nur auf schriftlich festgehaltene Gesetze, sondern ebenfalls auf ein Geflecht aus Normen. Sehr spannend war für mich die Blickweise der Autoren, dass Amerikas Ordnung noch im 20. Jahrhundert feststecke, in dem Normen noch sehr viel zählen. Dies sei der Grund, weswegen man hinter Trump stünde, was auch immer für politische Ziele er verfolgen würde, was allerdings im Gegensatz zu den vielen Brüchen mit amerikanischen Normen seinerseits stünde. So sei die Bevölkerung nicht in der Lage, mit dem modernen Provokanten korrekt umzugehen. In meinen Augen hält dieses Buch einige sehr interessante Denkanstöße bereit und gewährt Einblicke in die amerikanische Gesellschaft. Leider verliert sich das Buch bis kurz vorm Mittelteil in zu vielen zu detailreichen Ausführungen. Glücklicherweise wird das Buch in der zweiten Hälfte wieder spannender und der Lesefluss verbessert sich sehr. Gerne hätte ich noch ein paar Beispiele mehr zum aktuellen Europa gehabt und dafür auf ein paar zum amerikanischen Raum verzichtet. Alles in allem handelt es sich um ein sehr empfehlenswertes Buch, das jedoch passagenweise etwas ermüdend wird. Daher vergebe ich vier von fünf Sternen.
  • Von: Fabian Elbs

    Ist die Demokratie als Regierungsform in Gefahr? Dieser Frage gehen die beiden Politikwissenschaftler und Harvard Professoren Steven Levitsky und Daniel Ziblatt in ihrem Buch nach und entwerfen einen Lackmustest für Möchtegernautokraten. Dabei gehen die beiden von der These aus, dass Demokratien in heutiger Zeit nicht mehr mit einem großen Knall – etwa durch Revolutionen – sterben, sondern langsam dahinsiechen und viele Bürger erst aufwachen, wenn es zu spät ist. Denn Autokraten kommen, so ihre Beobachtung, zusehends in demokratisch legitimierter Art und Weise an die Macht. Zudem legen sie einen Lakmustest zur Erkennung von Autokraten bzw Autokratien in demokratischen Gewändern vor. Ihr Buch beginnen sie mit der Frage, ob die US-Amerikanische Demokratie in Gefahr ist und stellen fest, nach über anderthalb Jahrzehnten der Erforschung von Demokratien zu anderen Zeiten und an anderen Orten, sich dem eigenen Land zuwenden zu müssen. Ausgangspunkt für diese Studie ist dabei die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika 2016. Den schon erwähnten Lackmustest, der es ermöglichen soll, Autokraten zu erkennen, wenden sie dabei auf ihre These an. Dabei identifizieren sie 4 Kriterien, um Autokraten zu erkennen, bevor sie in ein Amt gewählt werden. Denn die Kandidaten seien oftmals Außenseiter ohne Große politische Erfahrung. Die vier Kriterien lauten: 1. Schwache Zustimmung zu bzw. Ablehnung von Demokratischen Spielregeln z.B. durch das Ablehnen der Rechtmäßigkeit von Wahlen oder von Verfassungen, 2. der leugnung der Legitimität politischer Gegner, drittens die Tolerierung von oder der Aufruf zu Gewalt sowie viertens die Bereitschaft der Einschränkung von bürgerlichen Freiheiten von Kritikern und Konkurrenten. Auf Trump trifft all dies zu. Denn Trump, so die beiden Politikwissenschaftler, sei nicht der Grund des rauer werdenden politischen Tons, sondern ein Symptom der seit Jahren stattfindenden Polarisierung zwischen den Parteien und in der Zivilgesellschaft, da seit Jahren geltende ungeschriebene demokratischen Normen und Regeln gebrochen und nicht mehr eingehalten werden. Dazu zählen einerseits gegenseitige Achtung sowie andererseits institutionelle Zurückhaltung, die als weiche Leitplanken der Demokratie bezeichnet werden. Gegenseitige Achtung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man politischen Gegnern das gleiche Recht zu existieren zuspricht, solange sie nach den Regeln der Verfassung spielen, wie man selber. Institutionelle Zurückhaltung bedeutet hingegen, seine institutionellen Rechte im Sinne des politischen Fair Play nicht voll auszunutzen, obwohl dies nicht in der Verfassung stehe. Steven Levitsky und Daniel Ziblatt ist ein spannendes aktuelles und aufrüttelndes Buch gelungen, das zwar keine einfachen Lösungen gibt, jedoch dafür plädiert, die Demokratie zu schützen. Den beiden Autoren ist es auf 300 Seiten gelungen, ein faktenreiches, gut recherchiertes Buch und lässig formuliertes Buch zu schreiben, dass zeigt, wie die Demokratie in Amerika und in anderen Ländern zu retten ist.
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